Murmillo-Archiv

Dienstag, 20. November 2012

GAIUS VERRES, DER "SAMMLERFREUND":

Hauptquelle: die Reden CICEROS "IN VERREM" (Prozeßbeginn: 70 v.)
In diesem Prozeß gegen den korrupten  Obergangster Verres führte CICERO in der Rolle des "patronus" der Sizilier die Anklage. Dies war das einzige Mal, daß CICERO als Ankläger auftrat.
Die Sizilier, damals wie heute "ausgekochte Schlitzohren"-ich weiß, wovon ich rede, da ich selbst mit einer von denen verheiratet bin-ließen sich jedoch diesmal von dem "Oberschlitzohr" VERRES gnadenlos über den Tisch ziehen. VERRES hatte Sizilien systematisch von Kunstschätzen leergeräumt (er hatte sozusagen "ganze Arbeit geleistet") und sich maßlos bereichert. Die Beute ging in die Millionen! An sich war/ ist es nichts Ungewöhnliches, sich zu bereichern, siehe das Beispiel des VARUS, der als armer Mann eine reiche Provinz betrat und als reicher Mann eine arme Provinz verließ. Doch bei VERRES war es das schier Unglaubliche und die Dimension des Verbrechens. Außerdem war VERRES ein gefundenes Fressen für CICERO, der sich dadurch als Staranwalt profilieren konnte, was CICERO gern tat. Er konnte sich so auch gegen seinen Rivalen HORTENSIUS durchsetzen, der die zweifelhafte Ehre hatte, einen Gangster zu verteidigen, woran sich Anwälte ja gemeinhin wenig zu stören pflegen.
Einige Daten zum CV (curriculum vitae) unseres Gauners:
(Der Name "VERRES" ist ein Gentilname, das Wort bedeutet "zahmer (und soweit ich weiß), kastrierter Eber" (s. Phaedrus/ Horaz) und ist mit einem altind. Wort "vrsas"=Stier, Männchen verwandt, doch dies nur nebenbei. Bin froh, daß ich nicht so heiße!)
-geboren um das Jahr 115-lockerer Lebenswandel (Spaß muß sein!)-Homoabenteuer, habe Geld dafür genommen (also Stricher), Spielschulden (jedenfalls so CICERO)
(Wahrheitsgehalt unsicher gemäß der rhetorischen Regel, den Gegner immer schön schlecht zu machen.)
-mangelhafte Bildung, daraus resultierend seine Schlechtigkeit (so CICERO)-84 v. Quaestur-83 v. vermutlich Proquaestor in der Provinz Gallia Cisalpina-wechselte im Bürgerkrieg die Seiten (ein wahrer Überlebenskünstler, wie man sieht)-81 v.: er muß sich für seine Amtsführung verantworten, kommt aber davon, indem er sich rausredet (clever!)-80v. Adjutant des PROPRAETORS CN. CORNELIUS DOLABELLA (Statthalter von Kilikien), der die Provinz, wie sollte es anders sein, nach allen Regeln der Kunst ausbeutet-DOLABELLA wird "DE REPETUNDIS" (=we want our money back!) angeklagt, und Verres liefert eifrig Beweise, natürlich gegen seinen Vorgesetzten (Ratte! Fragt sich nur, wer die größere Ratte war?)-dann wird er auch noch PRAETOR (mittels der kilikischen Beutegelder; man sieht: Verbrechen lohnt sich!)-PRAETOR URBANUS, Ziviljurisdiktion, Aufsicht über öffentliche Bauten; seine Methoden: Rechtsverdrehung, Willkürentscheidungen, Bestechlichkeit (der wußte, wie's geht) und immer: zum eigenen Nutzen versteht sich (CICERO!)-nach seinem Amtsjahr mußte er eine Provinz übernehemen (das war usus)-VERRES bekam Sizilien, wo er wegen des SPARTACUS-AUFSTANDES 3 Jahre blieb-CICERO zeichnet ein düsteres Bild der PROPRAETUR des VERRES: Schreckensregiment, die ganze Amtsführung: the full catastrophy-70v.: Prozeß gegen VERRES-schon 71 v. wurde CICERO, der selbst QUAESTOR  in Sizilien war, von den Sizilien gebeten, sich ihrer Sache anzunehmen-Verteidiger des VERRES: ein gewisser HORTENSIUS, ebenfalls korrupt: er habe nämlich ein Shinx-Figürchen für die Verteidigung erhalten (sphingem Verri reo ablatam; PLINIUS d. Ä., nat. hist. 34, 48, s. Quint. 6,3,98 u.a.)-nach der ersten Verhandlung hatte VERRES genug und ging stiften (ins Exil nach Massilia), wo er noch ganze 27 Jahre mopsfidel lebte (soviel zur irdischen Gerechtigkeit)-doch dann traf ihn der Zorn der Götter: Als er sich weigerte, dem TRIUMVIRN ANTONIUS (General CAESARS)-das war der, der mit KLEOPATRA "rumgemacht" hat (übrigens großartig gespielt von RICHARD BURTON (hoch die Tassen!)-als er sich also weigerte, diesem ein korinthisches Gefäß abzutreten (dumm, ein Fehler!), setzte er ihn schlankerhand auf die PROSRIPTIONSLISTEN (Ächtungsliste; praktisch, so was!) und das war's dann auch gewesen (s. LACTANZ, div. inst. II 4, 33-36; PLIN., nat. hist. 34,6).
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QUELLE: Modelle für den altsprachlichen Unterricht-Latein-Cicero gegen Verres, Diesterweg, Frankf. 1975. Das Bändchen enthält ausgewählte Stellen in vereinfachter Form, leider bleibt allzuviel unberücksichtigt. Schwerpunkte: Die ANTIOCHUS-AFFÄRE (II 4, 60-68) und der RAUB DES DIANA-KULTBILDES VON SEGESTA (II 4, 72-83.)
(An meine Schüler: Herhören! Das 4. BUCH DER ACTIO SECUNDA=DE SIGNIS ("Kunstraubbuch") solltet ihr auf deutsch lesen(=Minimum!). Kauft euch die RECLAMAUSGABE, aber die richtige (es gibt nämlich mehrere über die Verresreden)!)---
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ad "Sammlerfreund": So redete einst der Mannheimer Antiquar C. (Antiquariat K.; r.i.p.) seine Kunden an. Das Antiquariat K. war ein winziges "Kabuff", vollgestopft mit seltenen Büchern, worin C. wie eine Spinne im Netz thronte. Die Besuche dort werden mir unvergeßlich bleiben. Ich höre noch immer, wie er sagte: "Guten Tag, Herr Sammlerfreund...nehmen Sie doch noch einen Liebesroman mit" oder "Welch Glanz in meiner Hütte, Herr Sammlerfreund". Allerdings war Herr C. (anders als Verres) ein "guter Sammlerfreund".-
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E.

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