Murmillo-Archiv

Mittwoch, 6. August 2014

"WENN STEINE REDEN": DIE FELSBILDER VON FUENCALIENTE (SÜDSPANIEN)

Über die Felsbilder von FUENCALIENTE existiert ein Aufsatz von ABBÉ BREUIL. Man erzählt, daß es dort gefährlich sei und schlimme Dinge in der Nacht geschehen würden. Dort sollen nämlich, so sagt man, die Geister der alten Goten mit den Arabern kämpfen. Die Bilder seien Figuren der Geister, der "demonios"! Schon in früheren Zeiten hätten die Leute den Ort gemieden.
Die Bilder befinden sich auf zwei großen Blöcken. Es handelt es sich dabei um "stilisierte, imaginative Gestalten von Menschen, von Dämonen, von Geistern, von unwirklichen Wesen." (Herbert Kühn). Die Felsbilder sind "ganz abstrakt, losgelöst von aller Wirklichkeit", "Sinnbilder des Menschen, Symbole, Zeichen, Chiffren, Ideen, schriftartige Formen." Sie ähneln plastischen Idolen des NEOLITHIKUMS, also der Zeit von 4000-2000 v. Chr. Wir befinden uns also in der Zeit des Ackerbaus. Die Bilder sind als Gebete  um Fruchtbarkeit zu verstehen. Und die Fruchtbarkeit ist selbst, so Kühn, ein abstrakte Idee.
HERBERT KÜHN schreibt:
"Diese Zeit lebt im Abstrakten, im Gedachten, im Symbol, in der Idee. So ist es die Idee Mensch, die gestaltet wird, die Idee des Verstandes, des Geistes." Der Mensch ist abstrakt dargestellt, er wird "ein Zeichen der Schrift, genauso wie in den ältesten Hieroglyphen Ägyptens, genauso wie in den ältesten Schriftzeichen Chinas für den Begriff Mensch."
Und Kühn fährt fort: ""Es finden sich Winkelmuster für das Wasser, so wichtig für den Ackerbau, und kammartige Zeichen: die Wolke, aus der es regnet."
1783 schnitt LÒPEZ DE CÁRDENAS, Pfarrer von Montero, ein Stück der Bilder heraus. Der Geistliche verfaßte außerdem einen Bericht über die Felsbilder. MANUEL DE GÓNGORA MARTÍNEZ verwendete diesen Bericht für sein Buch über die prähistorischen Altertümer von Andalusien (1868).
Wie kommt es, daß sich ein Pfarrer anno 1780 um Felsbilder kümmerte? Kühn erklärt dies so: Es ist immer an solchen Orten bekannt, daß es Stätten des Kultes sind. Oft wirken dort Hexen Liebes-und Rachezauber. Die Leute, die daran teilnehmen, gehen später zur Beichte. Dadurch wird das wissenschaftliche Interesse des Pfarrers geweckt.
1910 berichtete VINCENTE PAREDES dem ABBÉ BREUIL, daß der Dichter LOPE DE VEGA (1562-1635) Felsbilder erwähnt, die bei dem Ort LAS BATUECAS bei SALAMANCA zu finden seien. Die Bilder "stammen aus alten, vergessenen Zeiten, aus Zeiten, als noch stärkere und größere Tiere in dem Tale lebten als jetzt." Sie haben die Kraft zu schaden. Die Bilder stellen Dämonen dar, böse Geister leben in ihnen. Daher wurde, um diese zu bannen, ein Kloster gebaut (Celberca, 1599). 1697 warnt ein Pater vor den Dämonen und davor, ihnen zu nahe zu kommen. Diese sind nämlich, so der Mann Gottes, Nachfahren der alten Goten, die hier vor den Arabern Zuflucht gesucht haben. Dort wurde angeblich auch ein Satanskult ausgeübt! Daher muß man den Ort tunlichst meiden (off limits!).
Wie man sieht, gibt es an beiden Orten, sowohl in Fuencaliente als auch in Las Batuecas exakt die gleichen Legenden! Paredes hat übrigens Breuil auch auf Fuencaliente hingewiesen sowie auf das Buch von Góngora.
"Es sind also alte Berichte, die zu der Entdeckung führten, aber es ist so wie immer beim Auftauchen neuer Gedanken, neuer Tatsachen, sie müssen auf den Menschen stoßen, der sie zu verwerten weiß".
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HERBERT KÜHN: WENN STEINE REDEN

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