Murmillo-Archiv

Freitag, 18. März 2016

SENECA: EPISTULA 53, 8-9

Warum gesteht niemand seine Fehler? Weil er noch immer in jenen ist: den Traum zu erzählen, ist (Sache) eines Wachenden, und seine Fehler zuzugeben (zu gestehen), ist ein Anzeichen der Gesundheit. Wir wollen also aufwachen, damit wir unsere Irrtümer deutlich kundgeben (aufdecken) können (um unsere Irrtümer aufzudecken).Allein die Philosophie wird uns aufwecken, sie allein wird einen tiefen Schlaf vertreiben: widme dich jener ganz. Du bist ihrer würdig, jene ist würdig deiner; "geht, der eine in die Umarmung des anderen" (=umarmt euch gegenseitig). Allen anderen Dingen verneine dich (verweigere dich), stark, deutlich (offenkundig); es besteht kein Anlaß (du hast keinen Grund; es ist nicht möglich), daß du auf Bitten (auf Widerruf) philosophierst. Wenn du krank wärest, hättest du die Sorge für das Hauswesen (Vermögen) unterbrochen (unterbrechen müssen) und die gerichtlichen Geschäfte (Angelegenheiten) wären dir ausgefallen (hätten aufhören müssen) und niemanden würdest du so hoch schätzen, für den du als Anwalt beim Nachlassen (der Krankheit) (auf das Forum) herabstiegst; mit ganzem Herzen würdest du dies betreiben (wärest du darauf bedacht), daß du möglichst bald von der Krankheit befreit würdest. Was denn? Wirst du nicht auch jetzt dasselbe tun? Schicke alle Hindernisse weg (beseitige sie) und sei frei für den rechten Geist: niemand gelangt zu jenem als Beschäftigter (wenn er beschäftigt ist). Die Philosophie übt ihre Befehlsgewalt aus; sie gibt Zeit, sie empfängt sie nicht; sie ist keine Nebensache; sie ist eine Hauptsache, sie ist die Herrin, sie hilft und befiehlt.
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by decurio

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