Murmillo-Archiv

Montag, 22. August 2016

DAS GERMANISCHE WORT *FADAR-TEXTPROBE AUS DEM PATERNOSTER IM "HELIAND" (ALTSÄCHSISCH)

lautet im Gotischen gleich. Im altsächsischen "Heliand", einer altsächsischen Bibeldichtung um 840, steht ebenfalls die Form "fadar":
"Fadar is usa- firiho barno (du bist unser Vater, der Menschenkinder)
the is an them hohon- himila rikea (der in dem hohen Himmelreich ist)
Geuuihid si thin namo- wuordo gehuuilico (dein Name sei geheilgt durch jegliches (?) Wort)
Cuma thin craftag riki. (Dein mächtiges Reich komme)
Uuerda thin uuilleo- obar thesa uuerold alla, (Es werde dein Wille-auf dieser ganzen Welt)
so sama an erdo..." (ebenso auf der Erde)
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is=bist
firiho barno=gen. pl. der Menschenkinder; firahia, firiha, fira m. Plural nur in Alliterationsdichtung belegt...=Menschen...as. firihos
vgl. ferah n.=Seele, Geist, Leben
barn: Neutrum der A-Deklination; =Kind (geht nach "wort", wie viele andere Neutra)
wuordo=durch das Wort; Instrumentalis Singular.
sama; verstärkt: so sama=ebenso
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Doch zurück zu germ. *fadar. Althochdeutsch wurde daraus "fater" (St. Gallener Paternoster (8. Jh.), altbair. Paternoster (9. Jh.; Vorlage: 8. Jh.), Paternoster aus dem Weißenburger  Katechismus in Rheinfränkisch (Anf. 9. Jh.), Vaterunser des Tatian in Ostfränkisch (um 825), Vaterunser aus dem Evangelienbuch des OTFRID VON WEISSENBURG in Südrheinfränkisch (um 870), Vaterunser des NOTKER VON ST. GALLEN in Alemannisch (um 1000)).
Was ist passiert? Nun, d wurde zu t verhärtet und das "a" der Endsilbe wurde zu "e" abgeschwächt.
"Westgerm.-as. d ist ahd im Oberd. und Ostfränkischen stets zu t geworden (dd>tt)."
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"Alle übrigen Endsilbenvokale erleiden seit dem Anfang des 10 Jh.s immer zunehmende Abschwächung, wovon sich auch schon im 9. Jh. Spuren zeigen. Schließlich werden alle Endsilbenvokale zu einförmigen e, welches schon im 11. Jh. einen breiten Raum einnimmt. Genauere Regeln über den Gang der Abschwächung lassen sich nicht geben, da die einzelnen Denkmäler stark voneinander abweichen. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß sich die langen Endvokale am besten halten. Von den kurzen Vokalen sind die im ungedeckten Auslaut stehenden widerstandsfähiger als solche, die im gedeckten Auslaut stehen, d.h. noch Konsonanten nach sich haben."
BRAUNE/ EBBINGHAUS: ABRISS DER ALTHOCHDEUTSCHEN GRAMMATIK, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1977.
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