Murmillo-Archiv

Mittwoch, 14. September 2016

AUS ALTEN, VERSTAUBTEN LATEINBÜCHERN, DERER ICH VIELE BESITZE: MARCUS TULLIUS CICERO

PARS SECUNDA LECTIONIS. AUDITE, DISCIPULI!

Celeberrima oratione (Durch eine sehr berühmte Rede) Cicero C. Verrem propraetorem accusavit (klagte Cicero den Proprätor (Provinzverwalter, Statthalter) Gaius Verres an), qui Siciliam provinciam (der die Provinz Sizilien) crudelissime et avidissime administraverat (aufs grausamste und in sehr gieriger Weise verwaltet hatte). Neque Verres iudicium expectavit (aber Verres erwartete nicht das Urteil), sed antea emigravit (sondern ging vorher ins Exil). Optime autem (Bestens aber) Cicero de civitate meruit (machte sich Cicero um den Staat verdient), cum (weil /als) consul populum et urbem (das Volk und die Stadt) a Catilinae consilo (vom Plan; Vorhaben; der Absicht Catilinas) insidiisque (und dem Hinterhalt; Anschlag) servaret (rettete). Cicero, cum (Da Cicero) libertatem civium (die Freiheit der Bürger) constanter et vehementer defenderet (fest/ beständig) und heftig verteidigte), Caesari dictatori non favebat (war er dem Alleinherrscher Caesar nicht günstig (gesonnen)). Postquam Caesar trucidatus est (Nachdem Cäser niedergemacht worden ist; dt: war), Cicero patres claris orationibus (Cicero die Väter=Senatoren durch berühmte Reden), quae dicuntur Philippicae (die die "Philippischen" genannt werden), acrius excitavit (reizte aufs schäftste), ut pristinam libertatem renovarent ( damit sie die frühere Freiheit wiederherstellten; Vorschlag: er rüttelte sie mit scharfen Worten auf (veranlaßte sie), die alte Freihheit zu erneuern). Tum Cicero indignissime (Darauf wurde C. auf unwürdigste Weise) ab Antonii sociis (von den Genossen; Spießgesellen; Schergen des Antonius) trucidatus (abgeschlachtet).
---
FUNDAMENTUM (s.o.)
---
Cicero hatte sich mit den falschen Leuten angelegt.
---
RIDERE LICET=Man darf lachen: Gymnasialprofessor Dr. Egon Prügelmann spricht mit tadelnd erhobenem Zeigefinger:
Die "Orationes in Catilinam" sowie die "Orationes in Verrem", insbesondere "Actio secunda", lib. 4 (sog. Kunstraubbuch), sind von dem Schüler der 10. Klasse unbedingt und ausnahmslos zu bewältigen. Der Schüler hat diese weitgehend selbständig auf deutsch durchzuarbeiten, zu verinnerlichen und deren Inhalt stets gegenwärtig zu halten. Des weiteren sind die zentralen Stellen im Unterricht auf Latein zu "lesen". Hierbei sollte der Schwerpunkt auf die Ciceroianische Diktion und Syntax gelegt werden, an der der Schüler stilistisch zu schulen ist. Der Schüler hat weiterhin einzusehen, daß Cicero das römische Stilideal schlechthin ist (und nicht etwa er selbst und sein "enthirntes Geschreibsel"), das ihm den Weg zu volldendeter Latinität leuchten möge. So gerüstet und moralisch gestärkt, hat der Schüler einige Chancen zu reüssieren und die "Reifeprüfung" abzulegen, um sodann seinen Weg ins tätige Leben zu beschreiten.
An manchen Schulen werden allerdings auch die "Philippika" gelesen. Diese gelten unter Fachkollegen zu Recht als die schwierigsten Reden Ciceros. Auch hier steht wieder die wohlgemeinte Absicht dahinter, den Schüler zu den besten Autoren und deren "magna opera" heranzuführen.
Doch der "gemeine" Schüler ist diesem hohen Anspruche natürlich in keinerlei Weise gewachsen, verzwergt dermeist und muß zwangsläufig bitter scheitern, was normalerweise zum völligen Zusammenbruch führt. Das macht aber nichts, denn es gibt heute schon gute Ärzte und "Seelenklempner", die den zerstörten Schüler wieder notdürftig zusammenflicken. Meistens bleibt der "Schöler" jedoch zeitlebens geschädigt, traumatisiert, "ge-shell-shocked" usw. Zum Troste kann er sich aber sagen: Ich habe Großes versucht und bin großartig gescheitert, heißt es doch "nam si vires desint, tamen est voluntas laudanda", wie SENECA sagt.
Und in diesem Sinne und Geiste, wünsche ich allen meinen Schülern, auch den Ehemaligen, auch wenn sie es nicht verdient haben, einen "schönen" Beginn ins neue Schuljahr mit vielen netten "Erfolgserlebnissen".
---
Gymnasialprofessor Dr. Egon Prügelmann, Rittmeister a. D. und ehemals Oberstudienrat an der kaiserlichen-preußischen Erziehungsanstalt zu Potsdamm.
---
Non scholae, sed vitae.
---

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen