Murmillo-Archiv

Sonntag, 31. März 2013

OVIDIUS: ARS AMATORIA III, 433-440: IN LINGUA ANGLICA: Eine kleine Stilübung für unsere amerikanischen Freunde!

Beware of the men declaring themselves for beauty culture
and who put their hair in an artificial way:
what they told you, they have told a thousand girls!
Their love is wandering and not staying at one place.
What shall the woman do, when the man's sweeter than herself
perhaps and even could have more men?
Scarcely you'll believe me, but just do it: Troia would still remain,
if it had used the advices of king Priamos.
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Hütet euch vor Männern mit Haargel, denn sie sind so schmierig wie ihre Frisur!
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by The SIR
OVIDIUS: ARS AMATORIA III (ANWEISUNGEN FÜR FRAUEN), 433-440:

Nehmt euch in acht vor hohlen Schönlingen!
(Am Parfüm und den Kettchen sollt ihr sie erkennnen!)

Sed vitate (aber meidet; geht aus dem Weg) viros (die Männer; den Männern) cultum formamque professos (Pflege; Schmuck und Schönheit bekennend; die sich zu...bekennen)
quique (und die) suas (ihre) ponunt (legen) in statione (in Stellung=hier: kunstvoll) comas (Haare):
quae (was) vobis dicunt (sie euch sagen), dixerunt (haben sie schon gesagt) mille puellis (1000 Mädchen);
errat (sie schweift umher) et in nulla sede (und an keinem "Wohnsitz"; Ort) moratur (verweilt; hält sich auf) Amor (ihre Liebe).
femina (die Frau) quid faciat (was soll sie tun), cum sit vir levior (wenn der Mann eventuell "glatter"; zarter ist) ipsa (als sie selbst)
forsitan (vielleicht) et (auch; sogar) plures (mehr) possit habere  (könnte er haben) viros (Männer; erg: als sie)?
vix mihi credetis (ihr werdet es mir kaum glauben), sed credite (doch glaubt es einfach): Troia maneret (Troja würde noch dauern; Bestand haben; existieren; stehen),
praeceptis Priami (die Lehren; Ratschläge des Priamos) si foret usa (wenn es benutzt hätte; gehört hätte auf) sui (seines; erg: Königs; Bezugswort:"Priami").-
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Also hört auf die Ratschläge des OVIDIUS, sonst ergeht es euch wie Troja!
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sit; possit: Potentialis
"in statione" heißt übrigens auch: "in Fechterstellung"
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The SIR

Freitag, 29. März 2013

WAS VESPASIAN UNTER KULTUR VERSTEHT:

"Tags darauf hielt VESPASIAN die übliche Musterung im Lager ab. Er sprach zu den Soldaten auf seine grobe Art und erklärte ihnen, sie müßten hinfort sich damit begnügen, sich gegenseitig die Schädel einzuschlagen, und die Briten in Ruhe zu lassen. 'Habt ihr das begriffen, ihr Tölpel?' brüllte er. 'Jeder Brite ist euer Vater oder Bruder, jedes Britenweib ist eure Mutter, jedes noch so leckere Jüngferlein eure liebe Schwester. (...) Denkt daran, daß die Briten Barbaren sind. Gütig und voll Nachsicht müßt ihr sie eure Sitten lehren. Bringt ihnen bei zu würfeln, Wein zu saufen und bei den römischen Göttern zu fluchen. Das ist der Schritt zur höheren Bildung. Wenn euch ein Brite auf die eine Backe schlägt, dann haltet ihm auch die andere hin. Meiner Treu, ich habe mir sagen lassen, es gibt da jetzt einen neuen gefährlichen Aberglauben, der verlangt, daß man's so macht, ob ihr es glauben wollt oder nicht. Aber haltet die andere Backe jedenfalls nicht zu oft hin, sondern tragt eure Meinungsverschiedenheiten lieber auf britische Art durch Ringkämpfe, Hindernisläufe oder Ballspiele aus."
MIKA WALTARI: MINUTUS DER RÖMER, Bergisch Gladbach 1993, S. 146.
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Ich glaube, wenn Vespasian einem auf die eine Backe schlug, hatte der keine Gelegenheit mehr, ihm die andere hinzuhalten.
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SIR R
OVIDIUS: ARS AMATORIA III, 473-482: LIEBESBRIEFE (10. Klasse)

(Mädels, laßt die Typen zappeln, denn sie haben es nicht besser verdient!)

...mora (die Verzögerung) semper (immer) amantes (die Liebenden)
incitat (stachelt an; spornt an), exiguum si modo tempus (wenn sie nur eine winzige (kleine) Zeit) habet ("hat"; dauert).
sed (doch) neque (weder) te facilem (daß du "leicht" seist; daß du leicht zu haben seist; daß er mit dir leichtes Spiel habe) iuveni (dem jungen Mann) promitte (versprich) roganti (dem bittenden)
nec tamen (noch) e duro (aus Härte (?); hart; es könnte auch "ei duro" heißen: diesem Lästigen; Hartnäckigen), quod petit ille (was jener/ er erbittet; worum er bittet; was er zu erreichen sucht), nega (verweigere; schlage ab):
fac timeat (mach, daß er fürchtet) speretque simul (und zugleich hofft; laß ihn fürchten und zugleich hoffen; Goldmann), quotiensque (und wie oft (auch immer) remittes (du ihn zurückschicken wirst; wegschicken wirst),
spesque (sowohl die Hoffnung) magis (mehr) veniat (komme=werde; soll werden; auch: zum Vorschein kommen) certa (sicher; Sinn: seine Hoffnung soll zuversichtlicher werden; vgl. Goldmann; fester) minorque metus (als auch die Furcht geringer).
munda (gepflegte; nette; elegante) sed e medio (aber "aus der Mitte"=aus dem normalen Sprachgebrauch) consuetaque verba (und gewohnte Worte; vertraute; Goldmann), puellae (ihr Mädchen),
scribite (schreibt): sermonis publica forma (die allgemeine; alltägliche Art der Rede; des Gesprächs) placet (gefällt).
a (ach), quotiens (wie oft) dubius (ein zweifelnder; schwankender) scriptis (durch Schriften; hier: Briefe) exarsit (entbrannte; erglühte in Liebe) amator (Liebhaber; darauf bezogen: dubius)
et nocuit (und hat geschadet) formae (der Gestalt) barbara lingua (eine unkultivierte Sprache; eine vulgäre Ausdrucksweise) bonae (der guten; schönen; Bezugswort: formae)!
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KOMMENTAR:
edurus=ziemlich hart; e duro: Tmesis!
veniat: auch: in Zustände und in Lagen kommen, geraten; erscheinen, hervorkommen; zum Vorschein kommen, sich zeigen; hier: werden!
e medio: also nicht geschwollen
sermonis publica forma: normale Redeweise; ungekünstelt
et nocuit...: Wenn manche das Maul aufmacht, dann ist man schon bedient!
forma=Schönheit
KRITISCHER APPARAT der OXFORDAUSGABE:
promittent (Rs); promittunt (as) promittant (As).
eduro (RAo), divisit Madvig: ex toto (s) ille (RAo): ore; (Pa?), und eduro...ore Heinsius.
(R: Parisinus Latinus 7311 (Regius), saec. ix. in Gallia exscriptus. Continet A.A., Rem., Am. epigr.-I ii 19, I ii 25-50. Contuli.)
P. OVIDI NASONIS AMORES- MEDICAMINA FACIEI FEMINEAE- ARS AMATORIA- REMEDIA AMORIS edidit brevique adnotatione critica instruxit E. J. KENNEY, OXONII 1977.
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So sei es!
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SIR R

Donnerstag, 28. März 2013

MIKA WALTARI: MINUTUS DER RÖMER: LUGUNDA, DIE HASENPRIESTERIN

Lepus europaeus (Feldhase)

Nach seiner Ankunft in Britannien begibt sich MINUTUS "stante pede" (sofort) nach LONDINIUM, wo er AULUS PLAUTIUS trifft, den "commander-in-chief" der Provinz, dem insgesamt 4 Legionen unterstehen.
Dieser erhielt von KAISER CLAUDIUS die Order, nach Rom zu kommen, da ihm ein Triumph zustehe. Doch PLAUTIUS hält dies für eine Farce. Auch wirft man ihm vor, er habe sich bereichert.
"Als ob einer sich in diesem Land bereichern könnte! Roms Geld verschwindet hier wie in einem Faß ohne Boden. Claudius muß einen Triumph feiern lassen, damit man in Rom glaubt, Britannien sei befriedet. Aber dieses Land kann niemand befrieden. Hier wird es immer wieder Aufruhr geben."
PLAUTIUS teilt MINUTUS der Legion des FLAVIUS VESPASIANUS zu, den er wie folgt charakterisiert:
"Er ist mein erfahrenster Krieger und mein zuverlässigster Legat, ein bißchen schwerfällig, aber ruhig und besonnen. Seine Herkunft ist sehr bescheiden, und seine Sitten sind derb und volkstümlich, ansonsten ist er ein Ehrenmann. Mehr als Unterfeldherr wird er wohl nie werden, aber die Kriegskunst kannst du unter ihm erlernen, wenn du wirklich deshalb hierhergekommen bist." (VESPASIAN wurde, ganz nebenbei bemerkt, Kaiser!)
MINUTUS teilt nun (freiwillig!) das harte Leben der einfachen Legionäre. Eine gallische Reiterabteilung, die zu seiner Garnison gehört, nimmt ihn auf einen Beutezug mit. Bei der Beuteverteilung wird ihm eine junge Britin vom Stamm der Icener zugeteilt. Die Veteranen der Einheit meinen:
"Wenn einer von uns sie nimmt, steckt sie ihm bloß einen Dolch in die Gurgel, sobald sie die Hände frei hat. Du aber bist ein vornehmer Jüngling mit feinen Manieren und kannst sogar Griechisch. Du gefällst ihr bestimmt besser."
Die Veteranen geben ihm noch diese wohlgemeinten Ratschläge:
"Zu allererst einmal müsse ich sie jeden Morgen und jeden Abend prügeln, um ihr die Mucken auszutreiben, sagten sie und gaben mir noch andere Ratschläge, die ich aber nicht auf sauberem Papier niederschreiben mag."
Ein Baumeister, der die Landessprache leidlich spricht, erklärt:
"Sie will sich weder waschen noch kämmen, weil sie deinen Absichten mißtraut. Wenn du sie anrührtst, bringt sie dich um, das schwört sie bei der HASENGÖTTIN."
Doch MINUTUS will sich keine Probleme aufhalsen. Er will deshalb LUGUNDA laufenlassen. No woman, no cry!
"Der Baumeister schüttelte den Kopf und gestand mir, er habe mich schon für verrückt gehalten, als er sah, wie ich freiwillig mit den Legionaren (sic) schuftete, aber daß es so schlecht mit mir stehe, hatte er sich nicht gedacht."
Von VESPASIAN erfährt nun MINUTUS, daß LUGUNDA von den DRUIDEN zur HASENPRIESTERIN auserwählt wurde.
"Daß LUGUNDA zur Priesterin auserkoren war, hatte ich nicht geahnt. Ich hatte zwar bemerkt, daß sie kein Hasenfleisch essen konnte, ohne sich zu erbrechen, und sie duldete auch nicht, daß ich HASEN mit der Schlinge fing, aber ich hatte das nur für eine Barbarenlaune gehalten..."
Nach längerer Abwesenheit sieht er LUGUNDA wieder:
"In diesem Sommer nahm ich in der kürzesten Nacht in einem Rundtempel aus mächtigen Steinen an einer Sonnenanbetung teil...Die größte Überraschung aber war für mich LUGUNDA, die während des Winters zur jungen Frau herangewachsen war. Ich traf sie in ihrem HASENHOF. Sie trug den weißen Mantel der HASENPRIESTERINNEN und ein silbernes Band im Haar. (...) Als sie dann aber wieder zu mir kam, mich anlächelte und mir ihren LIEBLINGSHASEN zu halten gab, schmolz mein Zorn...Rom schien mir nur ein Traum, als ich in der Wärme des britischen Sommers im Grase saß und den zappelnden HASEN zwischen meinen Knien hielt.
Plötzlich trat LUGUNDA zu mir, legte ihre Wange an meine, riß dann aber den HASEN an sich und beschuldigte mich mit blitzenden Augen, ich hätte das Tier absichtlich gequält."
Nur ganz selten ist sie freundlich zu MINUTUS:
"Nimm mich mit, wenn du fortgehst. Ich folge dir, wohin du willst. Ich verlasse meinen Stamm und sogar meine HASEN."
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Was für ein Kompliment! MINUTUS ist ihr wichtiger als ihre Hasen, wenn auch nur ein wenig und nur in diesem Moment. Ansonsten sind die Viecher ihr Lebensinhalt.-
Eine Irre! Armer MINUTUS. Manche Männer haben das seltene Glück, immer an Irre zu kommen. (Das gilt natürlich auch umgekehrt.)
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Wie man sieht, ein amüsanter Roman, in dem man gleichzeitig viel über Geschichte lernen kann (so man denn will). Warum solche Bücher im Unterricht nicht gelesen oder wenigstens herangezogen werden, erschließt sich mir nicht. Statt dessen wird die "top ten" der langweiligsten Bücher behandelt. Manche Lehrer scheinen geradezu eine Affinität zu langweiligem Kram zu haben. So wurde ich z.B. mit Kafka, Böll, Brecht und Grass gefoltert. Schon damals konnte ich mit moderner Kunst nichts anfangen. Ich kann es heute immer noch nicht.
Mein Deutschunterricht war (vorsichtig formuliert) "sub omnibus canonibus" und hat mir fast das Lesen ausgetrieben. Gruß an meine Deutschlehrer. Nicht umsonst steht auf manchen Schulbänken: Hier kämpfte ein großer Geist vergeblich mit dem Schlaf.-
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zu Kafka: Wenn man keine "Depris" hat, dann kriegt man welche. Völlig ausweglos, vgl. "Gib's auf, gib's auf!" Wenn man dem Leben anhängt und verhaftet ist, dann sollte man sich so ein Zeug nicht "reinziehen" (da gibt es Besseres!). Überhaupt weigere ich mich beharrlich, Dinge zu lesen, die mich "runterziehen", also krankes Zeug (das angeblich immer so wertvoll sein soll). Ich lese nur Bücher, die belehrend, erbaulich ("uplifting"), heroisch und spannend sind (wie z.B. Gustav Schwab: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums).
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SIR R
GREAT BRITAIN IS A NICE COUNTRY: MIKA WALTARI: MINUTUS DER RÖMER
KAP. 3: BRITANNIEN
Es gibt Bücher, die man getrost zweimal lesen kann. Dazu zählt für mich der hervorragende wie ungemein geistreiche Roman "MINUTUS DER RÖMER" von MIKA WALTARI (geb. 1908 in Helsinki). Darin wird "das abenteuerliche Leben des MINUTUS LAUSUS MANILIANUS in der Zeit von 46 bis 70 n. Chr." beschrieben (s. Cover der Ausgabe von Bastei-Lübbe, Rückseite).
KAP. 3 beginnt mit der Ankunft des MINUTUS "in good old Britain":
"Ich erreichte Britannien bei Anbruch des Winters und wurde von Stürmen, Nebel und eiskalten Regenschauern empfangen. Wie jeder Besucher Britanniens weiß, wirkt dieses Land bedrückend."
Das Klima ist ein wenig schaurig und der Gesundheit abträglich. Auch die Bewohner lassen zu wünschen übrig. Diese haben nämlich etwas unangenehme Gewohnheiten:
"Wer in Britannien nicht an Lungenentzündung stirbt, holt sich zumindest einen Rheumatismus, den er sein Lebtag nicht mehr los wird, sofern ihm nicht ohnehin die Briten in einem ihrer Weißdornhaine den Kopf abschlagen oder ihn zu einem ihrer Priester, den Druiden, schleppen, die aus den Eingeweiden von Römern das künftige Schicksal ihres Stammes zu lesen pflegen. All dies erzählten mir Legionare (sic!), die schon dreißig Jahre gedient hatten."
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Und die müssen es ja wissen!-Also: All in all a nice place to be. Nice weather, nice people!...some with strange habits, however. Visit Britain, It's always worth-while. If you're assaulted by tribal warriors, just say: "Don't worry, be lucky" or "I always look on the bright side of life".
Alles nicht so schlimm, Kopf hoch, wird schon werden.
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The SIR
DIE NEUE MURMILLO-SHOW: DIESMAL MIT ANTIKEN SCHLAUMEIERSPRÜCHEN!


DER LINK:   Murmillo-Show: Lateinische Sentenzen

Mittwoch, 27. März 2013

LUCIUS ANNAEUS SENECA: EPISTULAE MORALES 7: FLIEHE DIE MASSE!

(denn sie ist blöd)
(oder vielmehr noch blöder, als du denkst)

Quid (Was) tibi vitandum praecipue existimes (du glauben sollst, daß es dir besonders zu meiden sei) quaeris (fragst du)? turbam (die Menschenmasse; "das Menschengewühl"; Kröner). Nondum (Noch nicht) illi (jener/ jenem) tuto (sicher) committeris (wirst du überlassen; kannst du dich gefahrlos anvertrauen). Ego certe (Ich wenigstens) confitebor (werde gestehen; eingestehen; bekennen) imbecillitatem meam (meine Schwäche; mein Unvermögen):  numquam (niemals) mores ("die Sitten"=den Charakter; die sittliche Veranlagung; Wesensart), quos extuli (die ich "hinausgetragen habe"; mitgenommen habe; "in der ich ausging"; Kröner), refero (bringe ich zurück; erg: nach Hause); aliquid (irgendetwas) ex eo (von diesem), quod composui (was ich geordnet habe; mir zurechtgelegt habe), turbatur (wird in Unordnung gebracht), aliquid (etwas) ex iis (von diesen Dingen; von diesem), quae fugavi (die/ das ich verjagt habe; "verscheucht habe"; Kröner), redit (kommt zurück; kehrt zurück).
(...)
Inimica (Nachteilig) est (ist) multorum conversatio (der Umgang; Verkehr mit den Vielen; mit der Menge; mit den "hoipolloi"): nemo (niemand) non aliquod (nicht irgendein) nobis (uns) vitium (Laster; nicht irgendeinen Fehler; nicht irgendeine Untugend) aut commendat ((entweder) empfiehlt; scil. uns) aut imprimit (oder "einprägt"; "aufdrängt"; Kröner) aut nescientibus (oder den Nichtwissenden; modal: ohne daß wir es merken; "unvermerkt"; Kröner) adlinit ("daraufstreicht"; uns damit befleckt; uns "anhängt"; Kröner). Utique (Jedenfalls) quo (je; wörtl.: "um welches") maior est populus (größer das Volk ist) cui miscemur (mit dem wir vermischt werden; Futur (!): wir werden vermischt werden; cui: Dativ: dem wir "beigemischt" werden), hoc (umso; wörtl: "um dieses") periculi plus est (ist (besteht) mehr der Gefahr; gen. partitivus). Nihil vero (Nichts aber; allerdings) tam damnosum (so verderblich) bonis moribus (für die guten Sitten; für den guten Charakter) quam in aliquo spectaculo (als in irgendeinem Schauspiel; "event") desidere (sich niederzusetzen); tunc (dann) enim (nämlich) per voluptatem (durch das "Vergnügen"; bei der billigen Volksbelustigung) facilius (leichter) vitia subrepunt (schleichen sich die Laster/ Fehler ein). Quid me existimas dicere (Was glaubst Du, daß ich sage; was denkst Du, wovon ich spreche; rede)? avarior (habgieriger) redeo (kehre ich zurück; erg: von der Masse), ambitiosior (ehrsüchtiger), luxuriosior (genußsüchtiger)? Immo vero (Ja sogar; nein vielmehr (beides möglich!)) crudelior (grausamer) et inhumanior (und unmenschlicher), quia (weil) inter homines fui (ich unter Menschen gewesen bin).
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Der Text ist hochaktuell. Was ist nicht schon alles bei sog. Massenveranstaltungen passiert! Man denke nur an primitive Volksbelustigungen jeder Couleur, die von sog. "Event-Managern" (horribile dictu!) ausgerichtet werden. (Früher nannte man diese Spezies "maître de plaisir" ("Spaßmeister"). Wer nichts ist und nichts kann, wird "Event-Manager". Klingt gut, ist aber nichts.) Veranstaltungen dieser Art, sind zumeist "moralfrei", dafür zynisch und profitabel. Sie sprechen direkt den schlechten Geschmack und die niedrigen Instinkte des Volkes an. Deshalb sind sie so erfolgreich. Mob rules!
SENECA kritisiert im 7. Brief deshalb besonders die Spiele in Rom, von denen er sich "gegraust" abwendet. Er dürfte mit dieser Haltung ziemlich alleine dagestanden sein! Doch SENECA sagte einmal an anderer Stelle (dem Sinn nach) folgendes: Den Schlechten zu mißfallen ist Beweis der eigenen "Richtigkeit".
 Leider wird oft durch die Majorität entschieden, was das Rechte sei oder nicht. Doch Moralgesetze sind (zum Glück) keine Naturgesetze!
Daher, liebe junge Freunde, haltet euch von dummen Veranstaltungen fern (und bleibt lieber wie "der heilige Hieronymus im Gehäus".)
EINSTEIN hat einmal (sinngemäß) gesagt: Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit, wobei ich bei ersterem nicht ganz sicher bin. Bei letzterem war er es!
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Lest SENECA! Werdet STOIKER! Kann nicht schaden, in manchen Lebenslagen.
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SIR R (Stoicus)

Sonntag, 24. März 2013

DIE STRUKTUR VON VERGILS AENEIS:
(nach einer alten Kopie; Uni Mannheim; Seminar für klassische Philologie; 1980-91)

BUCH 1-6:
DIE FAHRT NACH ITALIEN (entspricht der "ODYSSEE")
1)-4): VERGANGENHEIT: Untergang Trojas; schmerzhafte Erinnerung; die Vergangenheit weist die Zukunft; "dunkel":
1) der Seesturm; Ankunft in Karthago
2) und 3): Bericht des AENEAS vor DIDO
2) Untergang Trojas; Flucht
3) Seefahrt nach Karthago; Triebfeder: das "fatum"
4) Didotragödie
5)-8): GEGENWART: "hell"; AENEAS macht sich von der Vergangenheit frei; von der Erinnerung zur Hoffnung
5) Sizilien; Spiele; Brand der Schiffe; Abfahrt nach Italien
6) die Sibylla von Cumä; Abstieg in die Unterwelt; Prophezeiungen des Anchises
BUCH 7-12:
DIE KÄMPFE IN LATIUM (entspricht der "ILIAS")
7) Ankunft an der Tibermündung; Laurentum; Latinus; Lavinia; Turnus
8) Bündnis mit Euander und Tarchon; Waffen des Vulcanus
9-12): ZUKUNFT: Grundlegung Roms; "dunkel"
9.) Ascanius; Tod des Nisus und Euryalus; Gefahr für das Lager
10) Turnus tötet Pallas; AENEAS tötet Lausus und Mecentius
11) Waffenruhe; Totenbestattung; Turnus; Tod Camillas; AENEAS vor Laurentum
12) Entscheidungskampf; Juturna; Tod des Turnus.
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"...rief''s, und zornig durchstieß er mit dem Schwerte des Feindes
dargebotene Brust; da sanken erkaltet des TURNUS
Glieder, und seufzend entfloh sein zürnender Geist zu den
Schatten."
(Goldmann; nach Thassilo v. Scheffer)
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ENDE!
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The SIR

DER PRIMÄRE BERÜHRUNGSEFFEKT=DAS GERMANISCHE SPIRANTENGESETZ und andere Erscheinungen des KONSONANTISMUS

Bereits im INDOEUROPÄISCHEN wurden MEDIAE zu TENUES. Dies geschah, wenn eine Endung mit "t" an den Stamm trat:
Bsp.e:
lat. "regere" wird im PPP zu "rec-tus", was durch die 1. Lautverschiebung zu GERM. "ht" wird; vgl. Recht.
lat. "scribere" wird im PPP zu "scrip-tus", was durch die 1. Lautverschiebung zu GERM. "ft" wird; vgl. Schrift.
Schema am Bsp. mhd. "gift"=tödliche Gabe:
Indoeurop. *gebh-ti->*ghepti->Germ. "ft">...mhd. gift ("p" zu "f" durch 1. Lautverschiebung)
Weitere Erscheinungen des Konsonantismus sind:
1.) Gemination
2.) Assimilation
3.) Dissimilation
4.) Auslautverhärtung
Die meisten Doppelkonsonanten entstanden durch die sog. WESTGERMANISCHE GEMINATION:
Bsp: got. bidjan>altsächsisch (AS). biddian>althochdeutsch (AHD). bitten
(Verdoppelung durch das "j" bewirkt.)
Viele Doppelkosonanten enstanden auch durch die 2. Lautverschiebung (LV).
weitere Ursachen:
1.) Doppelkons. stammen aus dem URGERMANISCHEN.
2.) durch Vokalausfall (Synkope)
3.) durch Assimilation
weitere Erscheinungen des Konsonantismus:
1.) totale Dissimilation=Schwund (läßt sich wunderschön an den Gehirnen der meisten Mitmenschen feststellen!)
2.) Schwund des "r" im absoluten Auslaut (nach langem Vokal)
(Bsp. ahd. dar>mhd. dar, da)
3.) Kontraktion (Schwund der Medien b, d, g zwischen Vokalen)
(ahd. ligit>mhd. liget, lit)
4.) Auslautverhärtung (im Silbenauslaut werden die Mediae zu Tenues verhärtet)
vgl. mdh. tages / tac)
5.) ahd. "q" zu "c"
(ahd. queman>coman)
6.) germ. th, w>ahd. dw>mhd. tw
7.) w, j, h: im MHD. unfest
8.) ahd. sk, sc, sh>MHD/ NHD. sch
     mhd. st, sp, sl, sm, sn, sw (im Anlaut)
     (mhd. slafen>nhd. schlafen)
9.) vereinzelt hd. "s" zu "sch"
(lat. grossus; mhd. grosse>Groschen; mhd. harnas>Harnisch)
10.) "j" zu "g" im Anlaut sowie nach r, l, m im Wortinneren
(vgl. Marienheim>Bad Mergentheim)
11.) Schwund von intervokalisch "w"
(mhd. frouwe>Frau)
12.) "h": kann verstummen oder schwinden (nach "r, l")
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Das denn wär's!
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SIR R





Freitag, 22. März 2013

VOKABELLISTE "KAMPF, SIEG, NIEDERLAGE": geeignet für die Caesarlektüre!

res gerere=Taten vollbringen
res gestae=Taten
periculum subire=eine Gefahr auf sich nehmen
proelium (pugnam) committere=einen Kampf (eine Schlacht) beginnen
manus conserere=handgemein werden, in Kampf geraten
pugna terrestris=die Landschlacht
pugna navalis=die Seeschlacht
pugna Salamina=die Schlacht bei Salamis
victoriam adipisci=einen Sieg erringen
victoria parta=der errungene Sieg
acie superare=in einer Feldschlacht besiegen
hostem damno afficere=dem Feinde Schaden zufügen
hosti cladem (vulnus) afferre=dem Feinde eine Niederlage (Wunde) beibringen
clades Cannensis=die Niederlage bei Cannä
de salute desperare=an der Rettung verzweifeln
se recipere=sich zurückziehen
fugae se mandare=sich zur Flucht wenden
in potestatem Romanorum redigere=in die Gewalt der Römer bringen
ferro ignique=mit Feuer und Schwert
occasio raptandi=die Gelegenheit zum Rauben
libertate privare=der Freiheit berauben
victori honorem habere=dem Sieger Ehre erweisen
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Waren nicht gerade Buddhisten, die alten Römer!
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Lernen! Meo iussu. Übt noch ein paar "warfaces" dazu, und dann seid ihr perfekt!
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The SIR
EINIGE WORTE ZUM RICHTIGEN VOKABELLERNEN:

Es gibt verschiedene Methoden, Vokabeln zu lernen:
1.) Die gute alte "Hosenbodenmethode", d. h.: Hinsetzen, lernen, fertig oder auch nicht (meist ist der Schüler dann fertig mit der Welt)! Repetieren, was das Zeug hält! Repetitio est mater studiorum.
So hat man es in der "guten alten Zeit" gemacht, als Deutschland noch Großmacht war und an Schulen noch "echte Scholzocht" herrschte (s. den satirischen Schulroman "Die Feuerzangenbowle" von Spoerl. Ja, das waren noch Zeiten!
Dazu bedarf es jedoch der Fähigkeit, sich selbst zu quälen, also einer gewissen Härte gegen sich selbst, wozu der heutige Schüler weder bereit noch in der Lage ist.
Außerdem gebe ich zu bedenken, daß Wörter keine "Vokabelleichen" sind, sondern "Organismen".
Das Problem bei der "Brecheisenmethode" ist dies: Die Vokabeln werden nicht "organisch" gelernt und im Gehirn (falls vorhanden) eingebaut bzw. integriert.
Prof. W., einer meiner Professoren, machte einmal sinngemäß dieses "statement": Jeder Schüler muß in seinem (zumeist kümmerlichen) Schülerdasein ca. 3000 Vokabeln lernen. Für jede Vokabel bedarf es eines Schlages. Bei 30 Schülern pro Klasse ist das manuell fast nicht zu schaffen. Das hält keine Hand aus. Die Lösung des Problems ist die Einführung einer "machina bastonatrice" (Prügelmaschine).
2.) Das Lernen nach statistischer Wahrscheinlichkei und nach Wortfamilien. Dazu empfehle ich den Aufbauwortschatz von Klett. Etwas tröge, aber gut!
3.) Die intelligenteste Form des Vokabelpaukens ist jedoch das Bilden von "Eselsbrücken". So vergißt man eine Vokabel nie mehr. Mittlerweile vermag ich es sogar, zu jeder Vokabel eine kleine Geschichte zu erzählen! Meine Lateinlehrerin Fr. OStRn M. Metternich sagte einmal beim Wort "erigere"=sich aufrichten: Das müßten vor allem die Jungs wissen. Alle liefen rot an. Ich habe die Bedeutung des Wortes nie wieder vergessen.
4.) Die amüsante Methode: Mein Banknachbar Thomas A. sagte einmal: Das Wort "prodesse" merke ich mir ganz einfach: Wenn ich Brot esse, dann nützt es mir. Thomas war übrigens sehr dick, hatte fettiges, langes Haar, aß ständig Leberwurstbrot und trommelte ganze Soli von Deep Purple auf den Tisch und auf meinen Oberarm. Einmal sagte er: Auch  "condere"=gründen ist einfach zu merken. Der Konditor "gründet" die Torten. Da war er aber schief gewickelt, denn Konditor kommt von "condire"=würzen. Hier funktionierte also die Methode meines dicken Banknachbarn nicht. Dennoch habe ich es mir so gemerkt!
5.) Gar keine Vokabeln lernen! Es gibt eh so viele, die sowieso niemand alle kann. Die Wörter kommen auch meistens nicht in der Grundbedeutung vor, und man muß so oder so nachschlagen. Das geht vielleicht gerade so in der Oberstufe, wo man ein Wörterbuch bekommt. Für die Unter-und Mittelstufe halte ich dies für bedenklich (fatal!) und obendrein noch für eine faule Ausrede.
Eine Sprache ohne Vokabellernen vergleiche ich mit Bogenschießen ohne Pfeile. Wer sich weigert, Vokabeln zu lernen, dem empfehle ich die Kurzgeschichte von F. Kafka: Gib's auf, gib's auf.
(Ich habe übrigens schon erlebt, daß ein Schüler von 10 abgefragten Vokabeln, nur eine wußte! "Das wird sich rächen", dachte ich mir. Let that be a warning to you all!)
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The SIR

VOKABELLISTE "KRIEG" (allgemein): wichtig für die CAESARLEKTÜRE!
(Vokabellernen nach Wortfamilien)

res bellica=res militaris=das Kriegswesen
ars militaris=die Kriegskunst
usus belli=die Kriegserfahrung
gloria belli=der Kriegsruhm
studium pugnandi=der Kampfeseifer
cupiditas expugnandi=die Eroberungslust
bellum civile=der Bürgerkrieg (s. das Buch CAESARS!)
copiae magnae=viele Truppen
copiae pedestres=Truppen zu Fuß, Infanterie
copiae equestres=Truppen zu Pferde, Kavallerie
arma et tela=Schutz-und Trutzwaffen
periculum instat (impendet)=eine Gefahr droht
bellum parare=sich zum Kriege rüsten
bellum indicere=den Krieg erklären (den habe ich meinen Feinden erklärt)
bellum gerere=bellare=Krieg führen
hosti bellum inferre=den Feind bekriegen, mit dem Feind Krieg anfangen
arma capere=zu den Waffen greifen (muß man ab und zu)
Caesarem exercitui praeficere=Caesar an die Spitz des Heeres stellen, C. zum Führer des Heeres machen
imperatoris iussu=auf Befehl des Feldherrn
meo iussu=auf meinen Befehl
tribunus militum=der Kriegstribun
auxilio (Dat.) vocare=zu Hilfe rufen
auxilium ferre=Hilfe bringen
socios iuvare, adiuvare=den Bundesgenossen helfen
(doch: sociis adesse, auxiliari)
catra munire=ein festes Lager aufschlagen
vallo fossaque=mit Wall und Graben
castra hostium=das feindliche Lager
obviam ire=entgegengehen
iter magnum=der Eilmarsch (s. auch das von mir komponierte Soldatenlied "Endlos, das ist der Marsch...")
in itinere=auf dem Marsche, unterwegs
primum agmen=die Spitze des Zuges (od. des marschierenden Heeres)
cursu incitato=mit beschleunigtem Laufe, im Laufschritt (ein Befehl, den ich bisweilen meinen Schülern erteile)
terra marique=zu Wasser und zu Lande
navis longa=das Kriegsschiff
ancoras tollere=die Anker lichten
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AUS: LUDUS LATINUS v. F. Wolff, Leipzig und Berlin, 1932, s. 216.
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Lernen! Imperatoris iussu.
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SIR R (esthete of esthetes)



Donnerstag, 21. März 2013

PUBLIUS VERGILIUS MARO: AENEIS II, 1-56: DAS TROJANISCHE PFERD: V. 13-20 (TEIL 2)

...fracti bello ("zerbrochen" durch den Krieg; geschwächt; entmutigt) fatisque repulsi (und durch die Schicksalsschläge zurückgestoßen; zurückgeworfen)
ductores Danaum (die Führer der Danaer) tot iam labentibus annis (weil schon so viele Jahre verstrichen waren; Ablativus absolutus)
instar montis (gleichwie ein Berg; instar: indeclinabel:+gen.; berghoch; Hyperbel) equum (ein Pferd) divina Palladis arte (durch die göttliche Kunst der Pallas (Athene)
aedificant (sie bauen; die Führer), sectaque intexunt abiete costas (und mit der zersägten Tanne=abies, etis f. verbinden sie; beschlagen sie die Seitenwände ("Rippen"); intexere=hineinweben);
votum (ein Gelübde) pro reditu (für ihre Rückkehr) simulant (täuschen sie vor; (mit dem Pferd)); ea fama vagatur (diese Gerücht schweift umher; verbreitet sich).
huc (hierher; besser: hier hinein) delecta virum sortiti corpora (die ausgewählten Körper der Männer auslosend; durch Los bestimmend; indem sie ausgewählte Männer durch Los bestimmen) furtim (heimlich; verstohlen)
includunt (schließen sie ein) caeco lateri (in den dunklen Leib; Dativ der Richtung (!); Konstruktion: die Männer auslosend=indem/ nachdem sie die Männer auslosten/ ausgelost hatten, schließen sie diese im dunklen Bauch des Pferdes ein.) penitusque (und drinnen) cavernas (die Höhlungen)
ingentis (die großen; ungeheuren) uterumque (und den Bauch) armato milte ("mit bewaffnetem Soldat"=mit bewaffneten Soldaten; Krieger) complent (füllen sie an).-
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KOMMENTAR:
ductores=duces
labi=dahingleiten
"Die Erfolglosigkeit jahrelangen Bemühens kommt in diesem Verbum zum Ausdruck."
instar montis=berghoch; übertreibender Vergleich
Palladis ars: Pallas Athene, die Stadtgöttin Athens, bekannt durch ihre Kunstfertigkeit, hilft den Griechen beim Bau des hölzernen Pferdes.
secta abiete=mit Tannenbrettern; secare, seco, secui, sectum=schneiden "mit zersägter Tanne"
delecta virum corpora=delecti viri; virum=virorum!
huc sc. caeco lateri
sortiti: "Aus der großen Zahl der Freiwilligen, traf das Los (sors) die Wahl."
furtim, vgl. fur=Dieb; wie ein Dieb; abwertender als "clam"=heimlich
penitus=drinnen (vgl. Penis)
caverna=Höhlung (vgl. engl. cave)
uterus=Bauch; synonym mit "cavernae"
miles: hier kollektiv:=Krieger
QUELLE: ORBIS ROMANUS, ERLÄUTERUNGEN, LESEBUCH A, hrsg. v. Dr. H. Schmeken, Paderborn 1975, S. 300.
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Was heißt "O Tannenbaum, o Tannenbaum..." auf Lateinisch?-Ganz einfach: O abies, o abies...
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R (SIR and esthete)
PUBLIUS VERGILIUS MARO: AENEIS II, 1-56: DAS TROJANISCHE PFERD (TEIL I): V. 1-13:
(Aeneas erzählt aus dem Krieg)

Heute habe ich beschlossen, die Nacht im Zwiegespräch mit VERGIL zu verbringen.

Im ersten Buch erfahren wir, wie AENEAS und seine Gefährten durch einen Sturm, den Juno geschickt hat, an die nordafrikanische Küste verschlagen werden. Dort werden sie von der Königin DIDO aufgenommen, die sich in AENEAS "verguckt" (das hätte sie besser bleiben lassen!). Bei einem Gastmahl fordert sie ihn auf, von der Zerstörung Trojas und seinen Irrfahrten zu erzählen. Das läßt er sich nicht zweimal sagen, obwohl ihn die Erinnerung an all die Leiden mit Schmerz erfüllt:

Conticuere omnes (Alle schwiegen) intentique ora tenebant (und angespannt; aufmerksam hielten sie die "Münder"=Gesichter (auf Aeneas gerichtet); "voller Erwartung das Antlitz"; tenere=auch: wohin gerichtet halten/ richten);
inde (darauf; da) toro (vom Polster; Kissen) pater Aeneas (der Vater Aeneas) sic orsus (so anfangend; anhebend; fing folgendermaßen an zu sprechen) ab alto (vom hohen; erg. Kissen; "Pfühl"):
Infandum (Unsagbaren; Unaussprechlichen), regina (Königin), iubes (heißt du; befiehlst du) renovare (zu erneuern) dolorem (Schmerz; Leid; darauf bezogen: "infandum"),
Troianas ut opes (wie die trojanische Macht; Plural!) et lamentabile regnum (und das bejammernswerte Reich)
eruerint Danai (die Danaer=Griechen von Grund auf zerstörten), quaeque ipse miserrima vidi (und welches Elend ich selbst gesehen; Superlativ im Plural!)
et quorum (und von welchen; gen. part.) pars magna fui (ich ein große Teil war). quis (wer) talia fando ("beim Solches-Sprechen"; wenn er solche Dinge/ solches erzählt)
Myrmidonum Dolopumque (von den Myrmidonen und Dolopern; (galten als besonders "harte Jungs"!)) aut (oder) duri miles Ulixi (ein Soldat des harten Odysseus)
temperet a lacrimis (könnte sich der Tränen erwehren; sich von den Tränen zurückhalten)? et iam (und schon) nox umida (die feuchte; "tauige" Nacht; Goldmann) caelo (vom Himmel; abl. sep. ohne Praeposition)
praecipitat (stürzt sich herab; senkts sich herab) suadentque (und es raten; laden ein) cadentia sidera (die "untergehenden"=sinkenden Sterne) somnos (zu Schlaf; poet. Plural).
sed si (doch wenn) tantus amor (ein so großes Verlangen (besteht)) casus cognoscere nostros (unsere "Unglücksfälle"=Unglück; Schicksalfälle kennenzulernen; zu erfahren)
et breviter (und kurz) Troiae supremum audire laborem (die letzte Not Trojas=den Todeskampf Trojas zu hören),
quamquam (obwohl; wenngleich) animus (der Geist=ich) meminisse horret (sich sträubt; erschaudert; sich entsetzt sich zu erinnern) luctuque refugit (und vor Trauer; durch die Trauer flieht; vor der Trauer zurückflieht; die Trauer meidet; abl. sep.),
incipiam (will ich beginnen)...
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Nun denn, dann fang mal an!
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KOMMENTAR:
os=Gesicht, Antlitz (pars pro toto)
torus=Polster des Speisesofas
infandus: zu "fari"=sprechen; vgl. infans=Kind!
iubes: erg. "me"
cadere=occidere; Simplex statt Kompositum; Es ist schon sehr spät (nach Mitternacht). AENEAS benutzt dies als Ausrede.
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SIR R


Mittwoch, 20. März 2013

AUS ALTEN LATEINBÜCHERN (3): GERMANICUS AUF DEM TEUTOBURGER SCHLACHTFELDE

Maximum exercitum (ein sehr großes Heer) Germanicus in Germaniam duxit (führte Germanicus nach Germanien). Primo (Zuerst) eas regiones vastavit (verwüstete er diese Gegenden), quae (die) Rheno propiores erant (näher am Rhein waren). Paulo post (Wenig später; bald darauf) cum legionibus suis (mit seinen Legionen) etiam in interiores partes Germaniae intravit (drang er auch in die inneren Teile Germaniens ein). In saltu Teutoburgiensi (Im Teutoburger Wald) Romani (die Römer) miserrimo adspectu (durch einen sehr elenden Anblick; schlimmen Anblick) perturbati sunt (sind beunruhigt worden; schockiert worden). Nam ossa commilitonum mortuorum (Denn die Knochen ihrer toten Kameraden) ibi invenerunt (fanden sie dort; sie stießen auf...) dissipata (zerstreut; die zerstreut waren) et ad infimos ramos (und an die untersten Zweige) alligata (angebunden; und die...befestigt waren). Tum Germanicus (Darauf G.): "O Iuppiter Optime Maxime!" (Jupiter, bester und größter) inquit (sagte er; sprach er). "Segestem (Den Segestes) paulo ante (kurz vorher; vor kurzem) liberavimus (haben wir befreit), Thusneldam (die Thusnelda) in Italiam misi (habe ich nach Italien geschickt), hostes cedunt (die Feinde weichen). Sed summa laetitia (Doch die höchste Fröhlichkeit; Freude) hoc adspectu deletur (wird durch diesen Anblick zerstört; zunichte gemacht). Itaque (Deshalb) maxima celeritate (mit größter Schnelligkeit) haec ossa humemus (wollen wir diese Knochen begraben)! Deinde (Darauf, sodann) hostes puniantur (sollen die Feinde bestraft werden)! In extremis silvis (In den äußersten Wäldern; in den entferntesten Wäldern) se occultare non poterunt (werden sie sich nicht verstecken können; verbergen können). Nam cum (Denn weil) in omnibus bellis (in allen Kriegen) superiores semper fuerimus (wir immer überlegen gewesen sind; waren), illi quoque (auch jene) inferiores erunt (werden unterlegen sein). Deos superos et inferos (Die überirdischen und unterirdischen Götter=die Götter des Himmels und der Unterwelt) obsecro (beschwöre ich; flehe ich an; bitte ich), ut (daß) nobis adsint (sie uns beistehen; helfen)." Postridie (Am folgenden Tage; tags darauf) Romani (die Römer) contra Germanos (gegen die Germanen) ducti sunt (sind geführt worden); sed Arminium (doch den Arminius) vincere non potuerunt (konnten sie nicht besiegen).-
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Der war halt gut, der Arminius!
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SPRUCH: Postremus dicas, primus taceas!=Als letzter (Geringster?) mögest (kannst; darfst) du sprechen, als erster sollst (mußt) du schweigen!
Ich glaube, daß dies gemeint ist: Erst zuhören, dann reden.
postremus=der letzte, geringste, äußerste; Superlativ von "posterus"=(nach)folgend, kommend/ bzw. "post"=nach; Präposition beim Akkusativ; s. auch unvollständige Steigerungsreihen. Diese kann kein Mensch. Also lernen!
Gibt es andere Deutungsmöglichkeiten des "dictum"? Denkt mit! BITTE UM MITHILFE!
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yours sincerly
SIR R

Dienstag, 19. März 2013

OVIDIUS: ARS AMATORIA, I, 89-110: Sed tu praecipue...

Sed tu (Aber du) praecipue (besonders; vor allem: hauptsächlich) curvis venare theatris (jage in den "runden" Theatern; Imperativ des Deponens!);
haec loca (diese Örtlichkeiten; Plätze) sunt voto fertiliora tuo (sind "fruchtbarer", ergiebiger, ertragreicher) für dein (sehnlichstes) Wünschen (bzw. niedrigen Triebziele!).
illic (dort) invenies (wirst du finden), quod ames (was du liebst; gern hast; Konjunktiv: konsekutiv (von der Art, daß), final (um es zu lieben); Potentialis (könntest) oder indirekter Interrogativsatz), quod ludere possis (was du spielerisch tun könntest; womit du spielen kannst),
quodque semel tangas (und was du einmal berühren möchtest; Ovid als Grabscher!), quodque tenere velis (und was du festhalten möchtest).
ut redit itque (wie "zurückgeht und geht"=durcheinanderwirbeln; herumwuseln) frequens longum formica per agmen ("die zahlreiche" Ameise=vieleAmeisen in einem langen Zug; in einer großen Schar; in einer langen Marschkolonne; Heereszug; (Kommando: links-rechts!)),
granifero (im körnertragenden; granum+ferre; vg.Granne!) solitum (die gewohnte) cum (wenn) vehit (befördert, transportiert, trägt) ore (im Mund; hierauf bezieht sich "granifero") cibum (die Speise; Bezugswort ist "solitum"),
aut ut apes (oder wie die Bienen) saltusque suos (ihre Waldgebirge) et olentia (und die duftenden, wohlriechenden) nactae ("erreicht habend"; vom Deponens "nancisci"; Stammformen: nanciscor, nactum; Partizip Perf. Aktiv (!); wenn sie erreichen; Stammformen immer lernen!)
pascua (die Weiden) per flores (durch die Blumen; Blüten) et thyma summa (und die Spitzen des Thymian) volant (fliegen; "surren"),
sic ruit (so "stürzt"; eilt; rennt) ad celebres (zu den starkbesuchten) cultissima femina (die sehr gepflegte; herausgeputzte Frau; "cultissima" kann auch "hoch gebildet" heißen; doch die findet man eher in Bibliotheken!) ludos (Spielen);
copia (die Fülle; die Menge, Zahl) iudicium saepe orata meum est (hat mein Urteil oft aufgehalten, gehindert; Qual der Wahl, welchem Rock er zuerst hinterherrennen soll; Ovid der Weiberknecht!).
spectatum veniunt (sie kommen, um zu schauen; Supinum I), veniunt (sie kommen) spectentur ut ipsae (um selbst gesehen zu werden; (Heute auch nicht viel anders! Man vergleiche den ganzen Balz-und Ententanz in Diskotheken zwecks banaler Vermehrung!));
ille locus (jener Ort) casti damna pudoris habet ("hat Schaden für die keusche Scham"; da wird man versaut  für's Leben!).-
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(Liebe junge Mädchen, geht also besser in die Bibliothek als ins "kurvige" Theater, denn dort lauert der Ovid! Was damals die Theater waren, sind heute Kinos, Konzerte, Diskotheken etc. Die Typen, die da zumeist rumhängen, sind allerdings meilenweit von einem Ovid entfernt.).
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primus (als erster) sollicitos fecisti (hast du die aufregenden gemacht; ausgerichtet), Romule (Romulus), ludos (Spiele; oder: du hast sie spannend gemacht!)
cum iuvit (als erfreute) viduos (die ledigen) rapta Sabina (die geraubte Sabinerin; s. auch die Geschichte vom Raub der Sabinerinnen) viros (Männer).
tunc (damals; ("war alles besser!")) neque (weder) marmoreo (vom marmornen) pendebant (hingen) vela (Segel; Sonnensegel) theatro (Theater),
nec fuerant (noch waren gewesen) liquido (vom flüssigen) pulpita (die Bühnen) rubra (rot) croco (Krokos; vom flüssigen Krokos);
illic (dort), quas tulerant ("die gebracht hatten", hervorgebracht hatten) nemorosa Palatia (der bewaldete palatinische Berg; der waldreiche Palatin (in Rom; einer der 7 Hügel des septimontium; dichterischer Plural!)) frondes (Laubbäume; darauf bezogen "quas"; welche Bäume der waldreiche Palatin hervorgebracht hatte)
simpliciter (einfach) positae (aufgestellt; quas...: Objektsatz dazu!) scena sine arte fuit (war die Bühne ohne Kunst; kunstlos; auch: das Spiel)
(Das Partizip "positae" kann hier kausal aufgelöst werden: Weil dort in einfacher Art Bäume aufgestellt waren, die das waldreiche Palatium erzeugt hatte, war die Schaubühne kunstlos; schlicht. Es kam eben noch mehr auf Inhalte an und weniger auf billige Showeffekte.)
in gradibus (auf Stufen) sedit (saß) populus (das Volk) de caespite factis (aus ausgestochenem Rasen gemacht; aus Rasenstücken; caespes, itis, m.=Rasenstück; das Wort ist annähernd ein "hapax-legomenon"),
qualibet (aus jedem beliebigen; jedwelchem) hirsutas (die struppigen) fronde (Laub; darauf bezogen "qualibet") tegente (bedeckend; zu "fronde") comas (die Haare, Bezugswort zu "hirsutas"; vgl. engl. hirsute!)
(Es liegt hier ein Ablativus absolutus vor: während/ wobei jedes beliebige Laub die struppigen Haare bedeckte. Man war also nicht eitel, damals in der "guten alten Zeit", wo ja bekanntlich alles besser war.).
respiciunt (sie=die männlichen Zuschauer schauen zurück; drehen sich herum; verrenken sich die Hälse nach den Frauen; sollten besser der Handlung des Stücks folgen!) oculisque  notant (und mit den Augen kennzeichnen sie; bezeichnen; beobachten; wahrnehmen) sibi quisque (jeder einzelne für sich) puellam (das Mädchen),
quam velit (die er will; möchte), et tacito pectore (und in der verschwiegenen Brust; in ihrem Inneren) multa movent ("bewegen sie vieles"; erwägen sie... ja was denn? Vielleicht, wie sie sich am besten an die Frauen heranmachen.)
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zum Supinum: Supina sind erstarrte Kasus von u-Stämmen, die sich an das Verbum anlehnen (supinus="zurückgebogen, angelehnt"; s. THROM, S. 199.
a) Supinum I auf -um: Galli ad Caesarem gratulatum convenerunt=Die Gallier kamen zu Cäsar, um ihm Glück zu wünschen.
Es steht als Akk. des Ziels nach Verben der Bewegung.
b) Supinum II auf -u
Es kann als Dativ des Zwecks (finalis) oder ablativus respectus stehen
horribile dictu=schrecklich zu sagen
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SIR R (wie immer euer Autokrat)


Montag, 18. März 2013

AUS ALTEN LATEINBÜCHERN (2): EIN GERMANISCHES VOLKSTHING

Undique (Von allen Seiten) conveniunt Cherusci (kommen die Cherusker zusammen), et nobilissimi (sowohl die vornehmsten) et humillimi (als auch die niedrigsten), ut in sacerrimo dei bellorum luco (um im allerheiligsten Hain (=ein kleiner Wald) des Gottes der Kriege) concilium habeant (eine Versammlung abzuhalten). Sub alta arbore (Unter einem hohen Baum) sedes principum sunt (sind die Sitze der Führer=Häuptlinge). Inter eos (Unter diesen; ihnen) Arminius ab omnibus salutatur (wird Arminius von allen gegrüßt).-Silentium (Schweigen; Stille) a sacerdotibus imperatur (wird von den Priestern befohlen). Tum (Dann) unus ex nobilissimis (einer von den Vornehmen) "Iterum", inquit, ("Wiederum", sagte er) "adest exercitus Romanus ("ist ein römisches Heer da), cui Germanicus praeest (dem Germanicus vorsteht; das Germanicus befehligt). Pugnemus pro patria (Wir wollen für die Heimat kämpfen)! Etiam adulescentuli (Auch die Jünglinge) hodie armentur (sollen heute bewaffnet werden; sollen sich heute bewaffnen; reflexiv)! Moneo quoque (Ich mahne (euch) auch), ut (daß) dux fortissimus (ein sehr tapferer Anführer) creetur (gewählt wird;...einen überaus tapferen Führer zu wählen). Id (Dies) maxime est necessarium (ist besonders nötig)."-Omnes clamant (Alle rufen): "Nemo (Niemand) melior et magis idoneus est (ist besser und "mehr" geeignet=geeigneter) quam Arminius (als Arminius)." Maximo strepitu (Mit dem größten Lärm; mit sehr lautem Geklirre; Schlagen) armorum (der Waffen) gaudium omnium significatur (wird die Freude (Zustimmung) aller zu erkennen gegeben; angezeigt; kundgetan; bezeichnet).-Aduluscentuli (Die Jünglinge) armis ornantur (werden mit Waffen ausgerüstet; rüsten sich aus). Tum (Sodann) Arminius (A.): "Dux vester ero", ("Ich werde euer Führer sein") inquit (sagte er). "Sed (Aber) proditionis (des Verrats) accuso Segestem (klage ich den Segestes an), hominem pessimum (einen sehr schlechten Menschen; einen Erzschurken) et maxime nefarium (und einen besonders verbrecherischen; Obergauner). Coniuge enim (Der Gattin nämlich; abl. seperativus) me privavit (hat er mich beraubt) et clam (und heimlich) Romanis amicus est (ist er den Römern ein Freund; mit den R. befreundet). Sed Thusneldam (doch die Thusnelda) recuperabo (werde ich wiedererlangen;-gewinnen), etiamsi (auch wenn; selbst wenn) in densissimis silvis (in den dichtesten Wäldern; tiefsten) et in maxime arduis montibus (und auch in besonders steilen Bergen) eam occultabit (er diese/ sie verstecken wird; verbergen wird). Proditorem vos punietis (Ihr werdet den Verräter bestrafen). Tu autem (Du aber), domine huius luci (Herr dieses Hains=Waldes), nobis adsis (du mögest uns helfen; steh uns bei)!. Tum (Dann) facillimum erit (wird es sehr leicht sein; sozusagen ein Kinderspiel) hostes superare (die Feinde zu überwinden; besiegen)."---
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Das waren noch Zeiten! Da war der Mann noch frei, trug Waffen und konnte mit dem Schwert umgehen. Es gab da noch Platz für Heroismus, und Kampf bestimmte das Leben und Denken. Man dachte nicht so kompliziert und hatte ein klares Feindbild (Römer, der Schwiegervater Segestes; Verräter müssen dran glauben!). Als freier Mann nahm man sich sein Recht (in diesem Falle versucht Arminius, die Gattin zurückzubekommen).
Ich sage nur: Born too late!
Zwischen dem freien Krieger und dem heutigen Mensch in all seiner Verknechtung liegen Lichtjahre. Man denke nur an den Fabrik- oder Büroknecht (letzterer eine besonders unheroische Spezies!).
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Etiam aduluscentuli...: Früh übt sich! Dagegen ist die heutige Jugend völlig verweichlicht. Daher: Lernt Fechten! Infos dazu: youtube: murmillo1 (Fechten mit Hieb und Stich). Da könnt ihr sehen, wie das geht.
Thusnelda: Ob davon wohl "Tussi" kommt?
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LUDUS LATINUS, 1932! (s.u.)
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SIR R (Germane)

Donnerstag, 14. März 2013

LATEIN UND DEUTSCH (2):

(...)
2.) HEILKUNDE, KRÄUTER, GARTENBAU:
feniculum=Fenchel (engl. fennel)
menta=Minze (engl. mint)
balsamum=Balsam (Linderungsmittel)
petroselinum=Petersilie (aus mlat. "petrosilium" entlehnt)
medicus=Mediziner, Arzt
(ars) medicina=Medizin (im 13. Jh. entlehnt)=Heilkunde; Heilmittel
(vgl. das Deponens  "mederi"=heilen; es gehört zu der Wortsippe der indogermanischen Wurzel *me(d)-=messen, ermessen; Sonderbedeutung: Rat wissen für jemanden; kluger, "ermessender" Ratgeber sein)
lavendula=Lavendel (engl. lavender)
piper=Pfeffer (engl. pepper)
lactura=Lauch (engl. leek)
caulis (vulgärlat.), colis=Kohl, Stengel, Strunk (griech: kaulos!)
(Ich wollte nicht so heißen!)
radix=Wurzel, Rettich
(Auf dem Felde steht ein Rettich-fertig! Heinz Erhard.)
planta=Steckling, Pflänzling; Pflanze (eng. plant)
(...)
"Aus dem römischen Gartenbau stammen außer den oben schon erwähnten Pflanzennamen z.B. 'Pflanze; Kohl, Kappes, Rettich, Beete, Zwiebel, Kürbis, Pilz, Borretsch, Kerbel, Kümmel, Senf; Baldrian, Enzian; Frucht, Feige, Birne, Kirsche, Pflaume, Pfirsich; Wein, Most'. Römischer Herkunft sind auch die Bezeichnungen 'Winzer, Müll(n)er, Pfister, Koch'..."
HANS EGGERS (bibilograph. Angaben, s.u.)
3.) HANDWERK:
"Um von Art und Umfang dieser frühen Entlehnungen einen Begriff zu geben, sei hier eine Auswahl derjenigen uralten Lehnwörter genannt, die in der heutigen Sprache noch weiterleben. Aus dem Gebiet des Bauwesens stammen 'Schindel, Ziegel, Kalk, Mörtel; Mauer, Wall, Estrich, Pflaster, Pfeiler, Pfosten, Pfahl; Fenster, Pforte, Küche, Keller, Kammer, Stube, Speicher, Söller'. Gerätenamen lateinischer Herkunft sind 'Kelter, Presse, Torkel, Trichter, Spund, Kufe; Tisch; Fackel, Kerze; dazu die Bezeichnungen für Gefäße 'Bottich, Bütte, Schüssel, Kessel, Pfanne, Becken; Becher, Kelch; Kiste'."
HANS EGGERS: DEUTSCHE SPRACHGESCHICHTE I, DAS ALTHOCHDEUTSCHE, Reinbeck bei Hamburg (Rohwoldt), München, S. 104.)
instrumentum=Instrument, Werkzeug
caementum=Zement
molinarius (mlat.)=Müller
secula=Sichel
calx=Kalk (vgl. Köln-Kalk)
tegula=Ziegel
scindula=Schindel ("Holzbrettchen als Dach-und Wandbedeckung"; Duden 7, Etymologie)
vallum=Wall (s.o., Punkt 1)
murus=Mauer (s.o.)
reparare=reparieren (engl. repair)
(...)
4.) KIRCHE: Hier gibt es infolge der Christianisierung sehr viele Entlehnungen.
episcopus=Bischof (engl. bishop)
offerre=opfern (Gott etwas darbringen: ob+ferre; engl offering=Gabe)
signare=segnen (das Kreuzzeichen machen; signum=Zeichen)
claustrum=Kloster (vgl. Cloucester, GB)
monasterium=Münster (engl. monastery)
domus=Dom (eng. dome)
nonna=Nonne (engl. nun)
monachus=Mönch (engl. monk)
clericus=Kleriker (engl. cleric)
praepositus=Probst (eigentlich: der Vorgesetzte: prae+ponere; Stammformen: ponere, pono, posui, positum)
abbas=Abt engl. abbot)
decanus=Dekan (engl. dean)
diaconus=Diakon (engl. deacon)
presbyter (graecolat., daraus vulgärlat. preste, prestre)=Priester (engl. priest)
(Bevor die in Germanien auftauchten, war es lustiger.)
parochia (kirchenlat.; griech. paroikia)=Pfarrei (engl. parrish)
papa=Papst (engl. pope)
calix=Kelch (engl. calyx)
crux=Kreuz (engl. cross)
altare=Altar (engl. altar)
cancelli=Kanzel (Lesepult, das an den Chorschranken (cancelli) stand)
apostulus=Apostel (graecolat::=der Abgesandte; aus: apo+stellein; engl. apostel))
ampulla=Ampulle, Ölkrug, Salbgefäß (engl. ampoule)
praedicare=predigen (engl. preach)
scriptor=Schreiber
(...)
5.) WISSENSCHAFT:
argumentum=Argument
corrigere=korrigieren (s.o., Punkt 1)
exemplum=Exempel (s.o.)
definire=definieren (s.o.)
disputare=disputieren
philosophus=Philosoph
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SIR R


Mittwoch, 13. März 2013

LATEIN UND DEUTSCH (1):

Bonum est, quod iterum adestis. Legite, quod scriptum est.

LATEIN war
1.) die Sprache des IMPERIUM ROMANUM
2.) die Sprache des christlichen Mittelalters
3.) die Mutter der romanischen Sprachen.
Auch das Deutsche wurde zu ca. 30 % vom Lateinischen beeinflußt. Dies zeigt sich besonders im Wortschatz (alltägliche Dinge, Handwerk, Heilkunde, Kirche, Wissenschaft,  abstrakte Begriffe etc.). Wir sprechen also unbewußt mehr Latein, als wir glauben.

1.) DIE DINGE UND BEGRIFFE DES ALLTAGS (ALLES MÖGLICHE):
(Auswahl "at random")
metallum=Metall (s. auch Handwerk)
testamentum=Testament
habere=haben
murus=Mauer (s. auch Handwerk)
ampulla=Ampulle (s. auch Medizin)
ancora=Anker
flamma=Flamme
theatrum=Theater
palus=Pfahl
vallum=Wall (s. auch Handwerk)
praemium=Prämie, Belohnung
civis=Bürger; davon das Adj. zivil
colloquium=Kolloquium=Unterredung
carrus=Karren (vgl. engl. car)
insula=Insel
statua=Statue
familia=Familie
monumentum=Monument
vinum=Wein (s. auch Handwerk)
ordo=Ordnung
turris=Turm
discus=Tisch
persicum=Pfirsich (s.auch Gartenbau)
milia=Meile
molina=Mühle (s. Handwerk)
planta=Pflanze (vgl. eng. plant; s. Gartenbau)
census=Zins
cuprum=Kupfer (s. Handwerk)
oleum=Öl (s. Kirche)
strata=Straße (s. Handwerk)
exportare=exportieren
pestis=Pest
nobilitas=Nobilität
reservare=reservieren
circus=Zirkus
consumere=konsumieren
tabula=Tafel
patronus=Patron
fundamentum=Fundament (s. auch Handwerk)
occasio: davon 'okkasionell'=gelegentlich
rector=Rektor
collega=Kollege (s. Wissenschaft)
palma=Palme
minister=Minister (eigentl. Diener)
oriens: davon 'Orient'
emigrare=emigrieren
addere=addieren
imitari=imitieren
colonia=Kolonie (vgl. Köln)
forma=Form
exemplum=Exempel
offendere: davon 'offensiv'
triumphus=Triumph
festum=Fest
mater=Mutter
pater=Vater
natio=Nation
importare=importieren
minuere=vermindern (vgl. engl. diminuish)
numerus=Nummer
oceanus=Ozean
lactura=Lauch (s. Gartenbau)
corrigere=korrigieren
poena=Pein (Strafe; vgl. punishment)
auctoritas=Autorität (s. auch abstrakte Begriffe)
elephantus=Elefant
senatus=Senat
dividere=dividieren
occidens: davon 'Okzident'
decimae=der Zehnte
natura=Natur
oraculum=Orakel
barbarus=Barbar
purpura=Purpur
vesper=das Vesper (vesper, eri, m=der Abend; "vespertilio" ist übrigens die Fledermaus, weil sie "sub vesperum"=gegen Abend bzw. "primo vespere"=mit Anbruch des Abends zu fliegen beginnt.-Es gibt übrigens ein Sprichwort: Quid vesper ferat, incertum est=was der Abend bringt/ bringen mag, ist unsicher d.h. vor dem Abend kann sich alles ändern (Stowasser). Ganz ähnlich: Keiner weiß am Morgen, was der Abend bringen wird.)
consultare=konsultieren
(...)
Die Liste könnte man beliebig fortsetzen. Ein jeder kann sich einmal selbst oder einen anderen fragen: Ist dieses oder jenes deutsche Wort wirklich urdeutsch oder geht es auf eine lateinische Wurzel zurück? Die Schüler können den Lehrer fragen: Das Wort x, deutsch oder nicht? Bei jeder falschen Antwort muß der Lehrer einen "sestertius" (röm. Silbermünze) bezahlen. Ihr werdet sehen: Bald seid ihr reich und der Lehrer arm!-Hilfreich bei der Entscheidung, wo ein Wort herkommt und was es ursprünglich bedeutet,  ist der "Etymologieduden":
DUDEN, Band 7 (hellblau), das Herkunftswörterbuch, eine Etymologie der deutschen Sprache, (Geschichte der deutschen Wörter und der Fremdwörter von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart. Bedeutung und Herkunft vieler Redensarten.), bearb. v. G. Drosdowski, P. Grebe u.a., in Fortführ. der "Etymologie der neuhochdeutschen Sprache" von Konrad Duden, Mannheim, Wien, Zürich, 1963.
Es gibt insgesamt 10 verschiedene Duden. Am besten man hat alle! Wenigstens einen sollte man haben! Viele Schüler besitzen heute kaum noch Bücher. Denkt also daran, liebe "illitterati":
Der Trend geht zum Zweitbuch!
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SIR R.





Dienstag, 12. März 2013

OVID: ARS AMATORIA I, 41-56: Dum licet et...

OVID fragt sich: Wo sind die tollen "Bräute"?

Dum licet (Solange es erlaubt ist; möglich ist) et (und) loris (mit Zügeln) passim (ringsumher; überall) potes ire (du gehen kannst) solutis (mit gelösten, lockeren; bezogen auf  "Zügel"),
elige (wähle (die) aus), cui dicas (der du sagen willst) 'tu mihi sola places' ("du gefällst mir als einzige; allein").
haec (diese) tibi (dir) non tenues (nicht die dünnen) veniet (sie wird kommen) delapsa (herabfallend; als Herabfallende) per auras (durch die Lüfte; d.h. sie wird nicht vom Himmel fallen);
quaerenda est (sie ist zu suchen; du mußt sie dir suchen) oculis (mit deinen Augen) apta puella (das geeignete Mädchen) tuis (mit deinen; bezogen auf "Augen").
scit bene venator (der Jäger weiß wohl), cervis ubi (wo er für die Hirsche) retia tendat (die Netze ausspannt);
scit bene (er weiß wohl), qua (in welchem) frendens (der knirschende; scil: mit den Zähnen) valle (Tal) moretur aper (Eber sich aufhält);
aucupibus (den Vogelfängern) noti ((sind) bekannt) frutices (die Büsche; scil: wo es Vögel gibt); qui (derjenige, der) hamos sustinet ("die Haken"=Angelrute hält, also der Angler),
novit (weiß) quae (welche) multo pisce ("durch viel Fisch"=von vielen Fischen) natentur aquae (Gewässer durchschwommen werden):
tu quoque (auch du), materiam (einen Gegenstand) longo (für eine lange) qui quaeris (der du suchst) amori (für eine Liebe),
ante (zuvor) frequens (häufig, zahlreich) quo (an welchem) sit (ist) disce (lerne) puella (ein Mädchen; das Mädchen) loco (Ort; hierauf bezieht sich "quo"; lerne also (bringe in Erfahrung)  vorher, wo viele Mädchen sind).
non ego (ich...nicht) quaerentem (daß du als Suchender) vento (dem Wind) dare vela ("die Segel gibst"=Segel setzt; ACI)
nec tibi (und auch nicht dir=von dir) ut invenias (damit du findest) longa terenda via est (muß in langer Weg zurückgelegt werden; terere=reiben (!), oft benützen; -"Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?"... es gibt ja das "girl next door", an das man sich halten kann)
Andromedan (die Androdeda) Perseus (der Perseus) nigris portarit ab Indis (er mag sie von den dunklen Indern gebracht, mit gebracht, geholt haben; =potraverit: Konj. Perf., hier: concessiv!)
raptaque sit (und mag auch geraubt worden sein) Phrygio (von dem phrygichen) Graia puella (das griechische Mädchen=Helena) viro (Mann);
tot (so viele) tibi (dir) tamque (und so) dabit (wird geben) formosas (schöne) Roma (Rom) puellas (Mädchen; also: Rom wird dir schon genug Mädchen geben),
'haec habet' ("diese=Rom hat; es hat"), ut dicas (daß du sagst) 'quicquid in orbe fuit' ("was auch immer; alles, was auf dem Erdkreis gewesen ist").
(Rom wird dir so viele schöne Mädchen geben, daß du sagst: "Diese Stadt hat alles zu bieten, was es auf der Welt gibt.)
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Der Mann, ein Jäger!
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Ovid, ein Filou!
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Best wishes,
Euer "dictator perpetuus".

AUS ALTEN LATEINBÜCHERN (1): CASTELLUM SALABURGENSE (DIE SAALBURG):
(Der Text eignet sich für das 2. Lateinjahr)

Limite (Durch den Limes; durch eine Grenzanlage) Germani (die Germanen) ab imperio Romano (vom römischen Reich) seperabantur (wurden getrennt) neque catervae armatorum (auch nicht Truppen von Bewaffneten) traduci poterant (konnten hinübergeführt werden). Nam Romani (Denn die Römer) in illis regionibus (in jenen Regionen) multa castella collocaverant (hatten viele Lager errichtet). Cetera (Die übrigen) magnitudine (durch die/ seine Größe) antecedit (übertrifft) castellum Salaburgense (das Saalburgkastell). Eius reliquiae (Dessen Überreste; seine Überreste), quae (die) in monte Tauno (im "Taunusgebirge", im Taunus) supererant (übrig geblieben waren), nunc detectae (sind jetzt (in unserer Zeit, heute) aufgedeckt (entdeckt, ausgegraben) partimque renovatae sunt (und teilweise renoviert (erneuert, wieder instand gesetzt) worden. Spectate imaginem (Schaut euch das Bild an)! Compluribus vallis fossisque (Mit mehreren Wällen und Gräben; durch...) castellum confirmatur (wird das Kastell befestigt). Intra valla (Innerhalb der Wälle) erant domicilia militum (waren die Wohnungen der Soldaten). Ex iis (Von diesen) complura nunc sunt renovata (sind einige jetzt (heute) wiederhergestellt worden; wieder aufgebaut worden). Medio in castello (In der Mitte des Lagers) habitabat praefectus (wohnte der Präfekt) eius cohortis (dieser Kohorte), quae (die) in castello (im Lager) colllocata erat (untergebracht war; einquartiert war; die in dem Kastell lag). In castris (In dem Lager) arma multaeque aliae res (Waffen und andere Dinge; Gegenstände) inventae sunt (sind gefunden worden). Etiam extra castra (Auch außerhalb des Lagers) reliquiae nonnullorum aedificiorum (die Überreste einiger Gebäude) sunt detectae (sind entdeckt worden).-Sed iam pridem (Doch schon längst) cohors illa discessit (ist jene Kohorte weggegangen). Non iam (Nicht mehr) milites Romani (römische Soldaten) iis Germanis obstant (stehen diesen Germanen entgegen; leisten ihnen Widerstand), qui (die) ad castra accedunt (an das Lager herankommen; sich dem Lager nähern; näherten). Nam (Denn) a maioribus nostris (von unseren Vorfahren) devicti et propulsati sunt (sind sie völlig besiegt und zurückgeschlagen worden) illudque castellum (und jenes Kastell), quod (welches) supra descripsimus (wir oben beschrieben haben), circumventum (ist umzingelt), expugnatum (erobert), inflammatum est (und in Brand gesteckt worden).-
QUELLE: LUDUS LATINUS, Lateinisches Unterrichtswerk für Schulen mit grundständigem Unterricht, hrsg. v. Vizepräsident Lic. Dr. W. Hartke/ GehR. Dr. G. Michaelis, Lese-und Übungsbuch II für QUINTA verf. v. Fr. Wolf, OSTDir. in Gruben N.-L., siebente Auflage mit 36 Abbildungen und 5 Karten, Teubnerverlag, Leipzig und Berlin 1932, S. 7 f.
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GehR. heißt wohl "geheimer Rat(h)".
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Das Buch gehörte einstens Freimuth Scharlach. Am Rand der Lesestücke: Datumsangaben mit Bleistift. Bei Lesestück 7 b: 13. 7. 33. Wenn F. S. damals in der Quinta war, dann müßte er um 1922 geboren sein.
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Texte aus alten Lehrbüchern haben oft etwas naiv Erholendes an sich (vgl. naive Kunst). Sie "tun keinem weh" und bringen einen nicht unnötig ins Grübeln. Alles ist schon "long ago" und von einem Schleier der Romantik umgeben. Ferne Klänge aus uralten Zeiten sozusagen, um etwas poetisch zu werden.-
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Erec (geheimer Rath und SIR)

Sonntag, 10. März 2013

CICERO: DE OFFICIIS: Was man wissen sollte!

(some more facts)

Oktober 44 v: CICERO arbeitet an seiner Schrift "DE OFFICIIS"; dies erfahren wir aus einem Brief an ATTICUS (XV 13 6)
Die Schrift ist seinem Sohn MARCUS gewidmet, der in Athen Philosophie studierte.
Literarisches genus: erzieherische Schrift (Erfahrungen und Lebensregeln werden übermittelt)
Themen der Schrift: Verhältnis des Sittlichen zum Nützlichen
                               Verhältnis Politik-Moral
(Nicht alles, was nützt, ist moralisch einwandfrei. Der Utilitarist spricht: Gut ist, was mir nützt! In der Politik vergißt man am besten die Moral. CICERO hingegen will ein Nützliches, das nicht gegen moralische Werte verstößt.)
Marcus erhält somit wichtige Ratschläge für das Leben als Politiker.
"Zu dieser Zeit kann Cic. selbst auf ein Leben mit mannigfaltigen Wechselfällen, mit mehr Enttäuschungen als Erfolgen zurückblicken..."
(CICERO: PHILOSOPHISCHE SCHRIFTEN, B. ERLÄUTERUNGEN, Hirschgraben-Verlag, Frankf. 1974, S. 62.)
Buch I und II der Schrift beziehen sich auf eine verlorene Abhandlung des PANAITIOS (vgl. De re p. I, 15), die unter dem Titel "PERI TOU KATHEKONTOS" (Über das Schickliche; Über das richtige Handeln) bekannt ist.
officium: aus "opificium"; opifex=Handwerker:=das richtige Tun, die Pflichterfüllung
De officiis=Peri tou kathekontos=Über die Pflichten.
kathéko=herabkommen, sich erstrecken...
ta kathekonta=die eingetretenen Verhältnisse
unpers. kathékei=es kommt mir zu, es ziemt sich für mich, es ist meine Pflicht, betrifft mich
kathékon=gebührend, passend
Daher lautet mein Vorschlag: De officiis=Über das angemessene Verhalten; über das Verhalten, das einem zukommt; vgl. das frz. "comme il faut", für die meisten heutzutage ein Fremdwort in doppeltem Sinne!)
AD I, 11-14:
De off. I, 11-14 gemäß "ORBIS ROMANUS": "Der Mensch und das Reich der Werte" (s. auch II, 48 f.):
Ciceros Anthropologie: Der Mensch wird vom Geist her gesehen, er ist ein "geist-und werterfülltes Wesen".
Hieraus ergeben sich eine Anzahl ethischer Forderungen. Diese machen das Wesen des "honestum" aus (1-14). Wahre Werte müssen mit diesem in Einklang stehen.
ORBIS, S. 217.
Ausgehend von den Gemeinsamkeiten von Tier und Mensch (Selbsterhaltung, Fortpflanzung), kommt CICERO auf die Kriterien zu sprechen, die allein den Menschen ausmachen: Erkennen von Kausalitäten (der Mensch ist "partceps rationis"; hat Teil an der Vernunft), Fähigkeit, Analogieschlüsse zu ziehen, vorausschauendes Denken, Denken in historischen Dimensionen, des weiteren: staatsbildende Fähigkeiten (s. ARISTOTELES, POLITICA 1253 a: anthropos phusei politikon zoon=der Mensch ist seiner Natur nach ein staatsbildendes ("geselliges"/ soziales Wesen). Dies verpflichtet ihn zur Verwirklichung sozialer Werte (Gerechtigkeit u. dergl.). Zweck der Gemeinschaft ist u.a. die Erreichung eines Gutes (agathou tinòs; 1252 a). Der Staat soll ein gutes Leben ermöglichen (bene et honeste vivendi causa)! Dies ist nur dem vernunftbegabten Menschen möglich. Er kann die ganze Welt zum Objekt seiner Erkenntnis machen. Höher als die Sozialtugenden steht das Streben nach Erkenntnis (entspricht mehr griechischem als römischem Denken)! Aus dem Erkennen erwächst Seelengröße. Das Gefühl für Ordnung und Maß, für das, was sittlich richtig ist (quod deceat=to prepon; KAP. 14!) entstammt dem Bewußtsein für Werte. Daraus ergeben sich Pflichten (Höre ich Pflicht...?). Diese sind nicht willkürlich (thesei=durch Festlegung), sondern "phusei"=von Natur (her begründet; naturgemäß). Diese sind Werte "an sich" (ganz gleich, ob man sie akzeptiert oder nicht)
ORBIS ROMANUS, S. 219 f.
Diese idealistische Sicht auf die Spezies Mensch wird leider oft durch die Realität widerlegt. Schön, aber naiv! M.E. ist das Gegenteil der Fall!
CICERO meint es sicher gut. Sein Fall zeigt aber leider, wie man endet, wenn man es gut mit den Menschen meint. Es gab schon mal einen, der es gut meinte, aber den haben sie angenagelt.
Sodann: Moralgesetze sind keine Naturgesetze! (s. NIETZSCHE)
(Die Mehrzahl der Exemplare "Homo", die mir bislang leider über den Weg gelaufen sind, erfüllen diese hohen Kriterien natürlich  kein bißchen. Warum sollten die auch? Ich könnte ja einmal einen meiner debilen und stumpfsinnigen Nachbarn fragen, ob er "erkenntnisverfolgend" sei oder ein "zoon politikon" und ob er denn auch schön nach dem "honestum" repektive nach dem "to prepon" und nach "to kathékon" strebe.)
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In diesem Sinne
The SIR
CICERO: DE OFFICIIS I, 14: Nec vero illa... (Vorsichtige wie vorläufige Übersetzung; Kontextglossen)

Nach der überaus trefflichen Interpretation von SIR ALRIK nun eine weitere nach der altbewährten Methode (des NOTKER LABEO, um 950-1022=NOTKER DER DEUTSCHE) mit Kontextglossen zum schnellen Mitlesen "from SIR EREC" (=the other SIR):

Omnibus utilitati sit, qui vere rebus Latinis student (Leae, Sarae, Catrinae, Leoniae, Tamarae, Sophiae, Katarinae discipulis meis pulchris matribusque earum et aliis= pueris minus pulchris!)

Nec vero (Aber nicht) illa ((ist) jene) parva vis (eine kleine Fähigkeit) naturae rationisque (der Natur und des Verstandes (der Vernunft; bei KANT streng geschieden als das "Vermögen der Begriffe" und das "Vermögen der Ideen"), quod (weil) unum (allein, als einziges) hoc animal (dieses Lebewesen) sentit (wahrnimmt), quid sit ordo (was Ordnung sei/ ist; vielleicht auch: "sittliche Weltordnung"=kosmische Ordnung?), quid sit (was es (denn) sei), quod deceat (was sich ziemt /zieme=das Geziemliche=das Schickliche=officium?), in factis dictisque (in den Taten und Worten) qui modus (welches das rechte Maß sei; also was das Rechte sei in Wort und Tat; vgl. die buddhist. Forderung: rechtes Tun/ Handeln und rechtes Sprechen!). Itaque (Daher, also) eorum ipsorum (allein schon von diesen), quae (die) aspectu sentiuntur (durch die Anschaung wahrgenommen werden=die "Sinneseindrücke", Sinnesdaten"), nullum aliud animal (kein anderes Lebewesen) pulchritudinem (die Schönheit), venustatem (die Anmut), convenientiam partium sentit (nimmt die harmonische Übereinstimmung der Teile wahr); quam similitudinem (diese Ähnlichkeit, die Ähnlichkeit dieser Begriffe (die eben aufgezählt wurden) natura ratioque (die Natur und der Verstand (des Menschen; die vernunftbegabte Natur des Menschen) ab oculis ad animum (von den Augen zum Geist) transferens (übertragend; also: die Ratio des Menschen, die die Ähnlichkeit...überträgt; modal: indem sie...; kausal (?): weil sie...; temporal (?): nachdem sie...; Parataxe: Die Ratio überträgt...und dann...; gemeint ist hier die verstandesmäßige Verarbeitung von Sinnesdata sowie das Denken "per analogiam") multo etiam magis (noch viel mehr; Sir Alrik sieht hier keine Steigerung (Klimax) und schlägt "außerdem" vor) pulchritudinem, constantiam, ordinem (Schönheit, Beständigkeit und Ordnung) in consiliis factisque (in den planvollen Überlegungen und in den Handlungen) conservandam putat (glaubt sie (die Vernunft), daß sie bewahrt werden müsse; eingehalten werden solle; man soll also im Planen und Handeln "schön", konsequent und logisch (mit Ordnung) vorgehen; worauf bezieht sich "conservandam"? Möglich wäre "similitudinem", "pulchritudinem", "constantiam".) cavetque (und sie (die Ratio) nimmt sich in acht (sieht sich vor, hütet sich), ne quid (daß sie etwas) indecore (unschicklich; hier wird das "quod non decet" wieder aufgegriffen) effeminateve faciat (oder in unmännlicher Weise tut; unternimmt; auch infinitivisch:...zu tun), tum in omnibus et opinionibus et factis(sodann in allen Meinungen, Ansichten, "Meinungsäußerungen" ne quid (daß sie etwas) libidinose (willkürlich, von den Affekten bestimmt, irrational) aut faciat aut cogitet (entweder tut oder denkt). Quibus ex rebus (Aus diesen Dingen, Punkten; hieraus) conflatur et efficitur id (bildet sich dieses/ entsteht und wird geschaffen/ hervorgebracht), quod quaerimus (was wir suchen; wonach wir suchen), honestum ("Sittlichgute"; das gesuchte "Gute an sich"), quod etiamsi (das, auch wenn es) nobilitatum non sit (nicht anerkannt sein mag/ dürfte (bei der Masse), tamen honestum sit (dennoch ein Gut sei/ ist) quodque (und was) vere dicimus (wir wahrhaft=aufrichtig sagen) etiamsi (auch wenn) a nullo laudetur (es von keinem gelobt wird/ werden mag) natura esse laudabile (durch die Natur; von Natur aus lobenswert sei).---
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The SIR

Samstag, 9. März 2013

AD DISCIPVLAM LEIAM:

INTERPRETATIO: CICERO, DE OFFICIIS, I, 17



Nec vero illa parva vis naturae est rationisque, quod unum hoc animal sentit,
quid sit ordo, quid sit quod deceat, in factis dictisque qui modus.

Itaque eorum ipsorum, quae aspectu sentiuntur, nullum aliud animal pulchritudinem,
venustatem (Anmut), convenientiam partium sentit; quam similitudinem natura ratioque ab oculis
ad animum transferens multo etiam magis pulchritudinem, constantiam, ordinem in
consiliis factisque conservandam putat cavetque ne quid indecore effeminateve faciat,
tum in omnibus et opinionibus et factis ne quid libidinose aut faciat aut cogitet.

Quibus ex rebus conflatur et efficitur id, quod quaerimus, honestum,
quod etiamsi nobilitatum non sit, tamen honestum sit, quodque vere dicimus,
etiamsi a nullo laudetur, natura esse laudabile.
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Und es ist/gibt aber jene kleine Macht der Natur und der Vernunft, die dieses Lebewesen (Tier) allein fühlt, was die Ordnung ist, was das ist, was sich ziemt, in den Taten und Worten welches Mass (umstrittene Übersetzung!).

Und so fühlt von diesen Dingen (selbst), die durch den Anblick/Wahrnehmung gespürt werden/wahrgenommen werden, kein anderes Lebewesen/Tier die Schönheit, Anmut und Übereinstimmung/Harmonie der Bestandteile; diese Ähnlichkeit (strukturelle Ähnlichkeit), die Natur und der Verstand von den Augen zum Geist übertragen ("übertragend") und viel mehr die Schönheit, Standhaftigkeit und Ordnung, die sie in den Plänen und Taten zu bewahren glaubt und beschützt (hütet), damit sie nichts unrühmlich und verweichlicht tut und dann (zweitens) damit sie sie sowohl in allen Meinungen als auch Taten (in allen Meinungen und Fakten) nichts freizügig entweder tue oder denke.

Durch diese Dinge wird das zusammengebracht (geschürt) und bewirkt, dass was wir fragen, das Ehrbache, auch wenn das (es) kein Adel (Vortrefflichkeit; wörtlich: "von den Vortrefflichkeiten") ist, ist dennoch ehrbar, alles, was wir wahrhaft sagen, auch wenn es von keinem gelobt würde, ist von Natur aus lobenswert.
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Die Übersetzung/Interpretation dieses Textes ist nicht ganz leicht und auch unter Experten strittig.
Es treten philosophische Begriffe wie "ratio" (Verstand)", "natura" und "animus" (Geist) auf. Untersucht wird, wie diverse Sinneseindrücke, die beim Anblick der Dinge wahrgenommen werden, an den Geist weitergeleitet und dort verarbeitet werden.
Die Sinneseindrücke werden durch Begriffe wie "pulchritudo" oder "venustas" charakterisiert, also Schönheit und Anmut, aber auch durch "convenientia (partium)" und "similitudo" (Ähnlichkeit; similis - ähnlich) charakterisiert. Diese sind schwer zu übersetzen, am ehesten mit Harmonie, Übereinstimmung, Passung, Ähnlichkeit und meinen mutmasslich das (ästhetische) Zusammengefügtsein der Dinge.

Ciceros philosophische Ideen hatten eine Auswirkung bis in die Renaissance und den Humanismus:
Bei Philosophen wie Rorarius (deutsch: Georg Rörer) findet man sie wieder.
Aber auch in der Zeit der Voraufklärung und der Aufklärung findet man entsprechende Ansätze, wie z. B. bei Pierre Bayle.

MARCUS TULLIUS CICERO: DE OFFICIIS I, 14: KOMMENTAR

AD LEAM DISCIPULAM CARAM
(Cicero et ego Leae salutem plurimam dicunt)

unum: prädikativ
quod deceat=was sich geziemt, das Schickliche, sittlich Richtige (to prepon)
in factis dictisque: proleptisch (=vorgreifend, vorwegnehmend)
(Das Wissen um Ordnung und Maß bewirkt ein Gefühl für Schönheit sowie Harmonie. Dementsprechend entwickelt sich im Menschen die Ausgeglichenheit, die wiederum "temperantia" zur Folge hat. Parallelen zur Ausgewogenheit der sog. "gemischten Verfassung"! (De re p. I, 69)
ordnende Tätigkeit des Staatsmannes: s. De re p. II, 67 ff.
Harmonie der Welt: s. De re p. VI, 17 f.
aspectus, us=Anblick
aspectu sentire: Dies vermögen auch die Tiere! Sie sind jedoch nicht in der Lage, ästhetisch zu empfinden.
eorum ipsorum...pulchritudinem: Sperrung
venustas=Anmut, Ebenmaß
convenientia partium: harmonische Fügung der Teile zum Ganzen
quam similitudinem=cuius rei similitudinem=die Ähnlichkeit dieser Sache (Gemeint sind m. E. die Begriffe, die im Satz zuvor aufgezählt werden und die sich untereinander ähneln.)
Nur der Mensch ist dazu befähigt, in Analogien zu denken.
transferre=übertragen
indecore (adv.)=unschön; Gegensatz zu "quod decet"
effeminate (adv.)=weibisch
libidinosus=leidenschaftlich
(Die Affekte führen zur Beeinträchtigung von Tun und Denken. Grund: Sie stören das rechte Maß bzw. die Harmonie.)
das "honestum": Es entwickelt sich natürlich, braucht keine Anerkennung und existiert unabhängig von der öffentlichen Meinung. Es ist um seiner selbst willen lobenswert (=Auffassung der STOA).
nobilitare=allgemein bekannt machen, zu Ansehen verhelfen
etiamsi nobilitatum non sit=auch wenn es (bei der Menge) nicht in Ansehen steht
quodque=et quod
vere dicimus...esse laudabile: ACI im Relativsatz
QUELLE: CICERO, PHILOSOPHISCHE SCHRIFTEN, B. ERLÄUTERUNGEN, Frankf. am Main 1974 (Hirschgraben-Verlag), S. 65 f.
ERGÄNZUNG:
vis=hier: Fähigkeit
natura ratioque: die durch ratio ausgezeichnete menschliche Natur
modus=rechtes Maß
aspectu sentire=durch Anschauung empfinden, erfassen
nullum aliud animal: nur der Mensch empfindet ästhetisch, nur er begreift die Welt als Kosmos
(schöne Weltordnung) sowie die Schönheit/ Harmonie des Universums (vgl. De re p. I, 43; De fin. VI, 17 f)
venustas=Anmut
convenientia (convenire)=Ebenmaß, Harmonie
quam similituinem: genauer: quarum rerum similitudinem=die ähnliche Struktur dieser Dinge; die Ähnlichkeit dieser Begriffe
ad animum transferens: Der Mensch nimmt die Ordnung der Außenwelt sinnlich wahr. Durch Analogieschluß gelangt man zur Ordnung des Geistes und der Sittlichkeit. Der Kosmos wird von der Weltvernunft durchwaltet. Aus diesem Prinzip kommen alle Normen der Sittlichkeit und des Rechts.
Der Weg von der sinnlichen Wahrnehmung zu geistiger Erkenntnis: s. PLATON, Symposion 211 c:
"Von jenem irdischen Schönen beginnend, steigt man um jenes Schönen willen immer weiter auf, wie auf Stufen, von einem zu zweien und von zweien zu allen schönen Körpern, von den schönen Körpern zu den schönen Seelen, von den schönen Seelen zu den schönen Bestrebungen und von ihnen zu den schönen Erkenntnissen, von den Erkenntnissen endlich gelangt man zu jener Erkenntnis, die keine andere ist als die von jenem Schönen an sich, auf daß man zuletzt erfahre, was das Schöne selber ist."
constantia: hier: Ebenmaß
indecore (adv.) unschicklich (quod non decet)
effeminate (adv.)=weibisch, unmännlich
libidinose (adv.)=leidenschaftlich, willkürlich (Libido als Gegensatz zur ratio; vgl. den Gegensatz apollinisch (Klarheit)-dionysisch (rauschhaft)
conflare=zusammenblasen; pass: entstehen, sich bilden
nobilitare=pass: anerkannt werden
nobilitatum non sit: Potentialis
laudabilis, e (laudare)=löblich, rühmlich
quod esse laudabile: ACI
QUELLE: ORBIS ROMANUS: ERLÄUTERUNGEN, LESEBUCH A, hrsg. v. Dr. H. Schmeken, Paderborn, 1975, S. 219.
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AD OMNES:
Wie man sieht, hat der Kommentar viel zu bieten. Er trägt unendlich viel zum tieferen Verständnis bei. In ihn sind die Erfahrungen von Generationen eingeflossen. Ganze Schülergenerationen haben mit dem Kommentar die Lektüre bestritten. Kein Autor wurde ohne Kommentar gelesen. Der Kommentar erspart viel Zeit und Arbeit und liefert oft "the right word in the right place"!
Meine verehrte Lateinlehrerin Fr. OstRn. M. Metternich (Gymnasium Gernsheim am Rhein, 1971-76) hat den Kommentar immer eifrig gebraucht und uns gezeigt, wie man damit umgeht. Einer mußte immer den Kommentar übernehmen. Sie fragte dann immer: "Was spricht der Kommentar?" (Ich glaube, sie war mit dem Kommentar verheiratet!)
Die Schulmeister und Schulmeisterlein von heute benutzen den Kommentar immer weniger. Dies ist dumm, vermessen und unverständlich. Stattdessen händigen sie ihren Zöglingen irgenwelche (horribile dictu!) "Freßzettel" aus!
Daher appeliere ich-wie immer vergeblich-an die Schüler: Seid nicht so dumm wie..., sondern besorgt euch:
a) Text
b) Übersetzung
c) Kommentar
Ihr seid doch sonst so groß im Holen!
Also: Text, Übersetzung, Kommentar (am besten 2), holen! Sonst wird das nix!
TIP: ZVAB im Internet oder "Die Wortfreunde" in Mannheim. Das sind auch meine "dealer".
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Ohne Kommentar ist das Leben kein Leben! Ein Leben ohne Kommentar, ist kein Leben!
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The SIR



Freitag, 8. März 2013

DER KONJUNKTIV (2): STRENGE LECTIO (4)

Beispiele aus MENGE:

ad 1) optativus:
a) Hoc di bene vertant!=mögen die Götter "dies gut wenden"=ihren Segen dazu geben
b) Quod di immortales omen avertant!=Mögen doch die Götter das Vorzeichen "abwenden"=Die Götter mögen das verhüten!
c) Senatus hoc ne concedat!=Der Senat erlaube dies nicht!
ad 2) hortativus:
a) Imitemur maiores nostros!=Wir wollen unsere Vorfahren nachahmen!=Laßt uns...
b) Amemus patriam, posteritatis gloriae inserviamus!=Wir wollen die Heimat lieben, laßt uns dem Ruhm der Nachwelt dienen!
ad 3) concessivus:
Ne sit sane summum malum dolor: malum certe est:=Mag auch der Schmerz in der Tat (freilich) nicht das größte ("höchste") Übel sein (Wenn auch der Schmerz nicht das größte Übel ist), dennoch ist er gewiß (doch wenigstens) ein Übel.
ad 4) potentialis: "Im Deutschen nimmt man hier die Hülfsverba (sic!) 'mögen, wollen, können, dürfen'."
a) Hic quaerat quispiam=hier könnte jemand die Frage aufwerfen
b) Hoc sine ulla dubitatione confirmem/ confirmaverim.=Dies möchte ich ohne jeden Zweifel bestätigen.
ad 5) dubitativus:
a) Quid faciam?=Was soll ich tun?
b) Quid facerem?=Was hätte ich tun sollen?
c) Quis unquam crederet=Wer hätte je gedacht?
d) quid faceret aliud?=was hätte er anders thun (sic!) sollen?
e) Caesar in eam spem venerat, se sine pugna rem conficere posse: cur fortunam periclitaretur?=Caesar war zu der Hoffnung gelangt (gekommen), daß er die Sache (Angelegenheit) ohne Kampf (ohne eine Schlacht) beenden (vollenden, zustande bringen; regeln) könne: Warum hätte er sein Glück versuchen (aufs Spiel setzen, gefährden; erproben) sollen?
ad 6) hypotheticus:
Crederem, si ipse vidissem.=Ich würde es glauben, wenn ich es selbst (mit eigenen Augen) gesehen hätte.
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Best wishes
The SIR


DER KONJUNKTIV (1): STRENGE LECTIO (3)

Bei uns in der Volksschule (Hofheim 1966-69, lang ist's her!) hieß der KONJUNKTIV noch MÖGLICHKEITSFORM. Keiner von uns damals hat so recht gewußt, was der Konjunktiv ist, geschweige denn den Konjunktiv benutzt. Wir sprachen alle so eine Art südhessischen Slang, wo bestenfalls hie und da äußerst verstümmelte Konjunktivformen vorkamen wie z.B. "tätscht" für "würdest" etc. (Ich sage nur: "bäurisch Herkommen und gleichförmige Auferziehung", um mit GRIMMELSHAUSEN, Der abenteuerliche SIMPLICISSIMUS (Simplicissimus Teutsch, 1669) zu sprechen.
Doch zurück zum Konjunktiv. Bei MENGE, Kap. 332 steht geschrieben:
"Der Konjunktiv, welcher den Inhalt eines Satzes als bloße Annahme oder Vorstellung hinstellt, erscheint in Hauptsätzen in folgender Weise:
1.) als Coni. optativus zur Bezeichnung eines Wunsches...
2.) als Coni. hortativus (suasorius, iussivus) z. Bezeichnung einer Aufforderung oder Ermunterung...
3.) als Coni. concessivus zur Bezeichnung eines Zugeständnisses, zu übersetzen "wenn auch, gesetzt daß, mag immerhin, zugegeben daß"...
4.) als Coni. potentialis, um ein Urteil in milderer Form als wohl annehmbar, als bloße Möglichkeit zu bezeichnen...
5.) als Coni. dubitativus (oder deliberativus) zur Bezeichnung einer zweifelnden Frage, wo man im Deutschen das Hülfsverb (sic!) "sollen" gebraucht...
6.) als Coni. hypotheticus (oder condicionalis) in irrealen Bedingungssätzen..."
Ganz ähnlich unterscheidet STEHLE:
1.) Konj. Präsens:
a) iussivus (Gebot)
b) adhortativus (Aufforderung)
c) optativus (Wunsch)
d) deliberativus (überlegende Frage)
e) potentialis (unbestimmte Aussage)
2.) Konj. Imperfekt:
a) optativus
b) deliberativus
c) potentialis
d) irrealis (irreale Aussage)
3.) Konj. Perfekt:
a) prohibitivus (Verbot)
b) optativus
c) potentialis
4.) Konj. Plusquamperfekt:
a) unerfüllbarer Wunsch der Vergangenheit
b) Irrealis der Vergangenheit.
"Das denn wär's."
Beispiele (nach STEHLE):
ad 1)
a) maneat!=er bleibe, soll bleiben! Verneinung mit "ne".
b) maneamus!=laßt uns bleiben! Verneinung mit "ne".
c) (utinam) maneat!=bliebe er doch! Verneinung mit "ne".
d) maneam?=soll ich bleiben? Verneinung mit "non".
e) dicat quis=es könnte jemand sagen. Verneinung mit "non"
ad 2)
a) utinam adesset!=wenn er doch noch da wäre! Verneinung mit "ne".
b) manerem?=hätte ich bleiben sollen? Verneinung mit "non".
c) crederes=man hätte glauben können. Verneinung mit "non"
d) maneret=er würde bleiben. Verneinung mit "non".
ad 3)
a) ne manseris!=bleibe nicht (zeitstufenlos!)
b) utinam manserit!=möchte er doch geblieben sein! Verneinung mit "ne".
c) dixerit quis=es könnte jemand sagen (zeitstufenlos). Verneinung mit "non".
ad 4)
a) utinam (ne) mansisset!=wenn er doch geblieben wäre!
b) mansisset=er wäre geblieben
Systematik ist alles!
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Euer gestrenger SIR

Donnerstag, 7. März 2013

GERMANICUS: DIE RACHEFELDZÜGE (1)

Truppenstärke der Römer am Rhein, Stand 14 n. Chr: 8 Legionen!
a) Obergermanien: 4 Legionen; LEGAT: GAIUS SILIUS
b) Untergermanien: 4 Legionen: LEGAT: AULUS CÄCINA
(4+4=8!)
Ungefähr 80 000 Mann!
Nachdem einige ruhige Jahre ins Land gezogen waren, war 14 n. Schluß mit Ruhe: In diesem Jahr erhielt nämlich GERMANICUS (voller Name: Gaius Iulius Caesar Germanicus; 15 v.-19 n.) den Oberbefehl am Rhein.
Quellen:
1.) TACITUS
2.) CASSIUS DIO
GERMANICUS hatte Frau und Kinder im Schlepptau. Die Frau hieß übrigens AGRIPPINA VIPSANIA (Tochter des M. Vipsanius Agrippa und der Iulia, Tochter des Augustus).
(Ihr Geburtsort war das Heerlager ARA UBIORUM. Dort wurde, um sie zu ehren, die COLONIA CLAUDIA ARA AGRIPPINENSIUM (=Köln) gegründet.)
Es gilt als gesichert, daß GERMANICUS sich mehrfach in VETERA aufhielt. Damals meuterten die V. und die XXI. LEGION (es ging um Sold und Veteranenentlassungen). Diese beiden Legionen hatten "kurze 15" mit ihren Offizieren gemacht. GERMANICUS eilte aus Gallien herbei und trat vor die Meuterer, wobei er mit seinem Leben spielte.
Die Soldateska wollte endlich kämpfen, und GERMANICUS tat ihnen den Gefallen, indem er einen netten kleinen Feldzug organisierte.
Spätsommer 14 n: GERMANICUS schlägt eine Brücke über den Rhein und zieht mit 12 000 Legionären, 26 Kohorten der Bundesgenossen und 8 Reiterabteilungen durch den sog. CÄSIAWALD gegen die MARSER (auf der rechten Seite der LUPIA=Lippe). Die MARSER feierten gerade eine Mitternachtsparty, als GERMANICUS sie überfiel (sehr tapfer!). Es folgten die üblichen "war atrocities": Männer, Weiber und Kinder wurden niedergehauen, das Land wurde 10 Meilen weit verwüstet.
(Die MARSER hätten weniger trinken, öfter ins Fechttraining gehen und Wachen aufstellen sollen!)
Doch die Germanen rappelten sich wieder hoch. Auf dem Rückmarsch wurde GERMANICUS beinahe abgeschnitten. Ein Ausfall der XX. LEGION verhinderte die Katastrophe!
Winter, 14 n: GERMANICUS befindet sich in VETERA
Frühjahr, 15 n: GERMANICUS in Mainz
Von dort wurde die nächste Kaffeefahrt gestartet. Diesmal ging es gegen die CHATTEN (Das sind übrigens meine Vorfahren (!), weswegen ich dies persönlich nehme! Leider konnte ich damals nicht dabei sein-ich war, sagen wir mal, verhindert.)
Gleichzeitig sollte der CÄCINA von VETERA aus losmarschieren, um die Germanen zwischen Lippe und Ems in Schach zu halten.
GERMANICUS zerstörte die chattische Hauptstadt MATTIUM und zog auf dem rechten Lahnufer (ob man da noch was findet?) nach Westfalen. Beide Heere trafen sich an der Lippe. Dann ging es zurück nach VETERA.
Unterdessen versetzte ARMINIUS das Cheruskerland in Aufruhr. Er tobte, weil man seine Gattin THUSNELDA (die hieß wirklich so; ob davon wohl das Wort "Tussi" kommt?) entführt und nach Rom geschleppt hatte.
Kaum war GERMANICUS in VETERA, mußte er auch schon wieder "vale!" zu seiner Frau sagen. Mit 4 Legionen marschierte er zur Ems. Wahrscheinlich fuhr er mit Schiffen von der Flevosee (heute Ijsselmeer) nach Friesland und an die Emsmündung.
(Es gab damals eine Verbindung zwischen Rhein und alter Ijssel, die "FOSSA DRUSIANA". Man glaubt heute, daß der "krumme Rijn" der Drususkanal ist!)
An der Ems traf GERMANICUS den CÄCINA und die Reiterei des PEDO. CÄCINA hatte 40 Kohorten die Lippe hinauf geschafft.
Von da aus marschierte man zum Schlachtfeld im Teutoburger Wald, wo VARUS 9 n. mit 3 Legionen unterging. Dort bestattete man die Reste der Toten, die überall herumlagen. (Den Römern war dabei sicherlich unheimlich zumute! Knochen einsammeln ist halt nicht jedermanns Sache.)
Wenig später legte ARMINIUS den Römern in einer sumpfigen Heide wieder mal einen Hinterhalt (s. meine posts "Die Ereignisse in Germanien..."!). Die Römer erlitten damals bei den "LANGEN BRÜCKEN" starke Verluste. Nur mit Mühe entgingen die Römer einer Katastrophe. Beinahe hätte es eine zweite "clades Variana" gegeben! Das unbesonnene Verhalten des INGUIOMER, des Onkels von ARMINIUS, rettete die Römer. Dieser griff gegen den Willen seines Neffen das römische Lager an. Traue keinem Onkel!
Ungefähr zeitgleich marschierte GERMANICUS an die Ems, wo Schiffe für den Weitertransport bereitlagen.
Mittlerweile hatten Schreckensnachrichten von den bösen Germanen das Lager bei BIRTEN erreicht. In haltloser Panik wollte man die Brücke bei VETERA einreißen. Hier kommt es nun zur Heldentat der AGRIPPINA. Sie riß das Oberkommando an sich und verhinderte durch ihren heroischen Einsatz die Wahnsinnstat. Schon damals (15 n.) gab es emanzipierte Frauen.
Als die Soldaten des CÄCINA schließlich in abgerissenem Zustand die Brücke erreichten, begrüßte sie AGRIPPINA, sprach ihnen gut zu, schenkte ihnen Kleidung und Verbände. Nett.
(An der Stelle der alten Römerbrücke hat man im 17. und 18. Jh. Pfähle und Balken entdeckt. Später hat man im ausgetrockneten Flußbett Reste von Grundpfeilern gefunden. Auch im alten Rheinbett am FÜRSTENBERG fand STEPHAN PIGIUS (1520-1603) solche Fundamente (Reste des alten Hafens von VETERA und von den Schiffswerften. Drusus ließ hier 12 v. eine Rheinflotte bauen, um seine Truppen von VETERA zur Ems zu bringen.)
AGRIPPINA machte sich unterdessen große Sorge um ihren Mann. Schlimme Gerüchte trafen tagtäglich ein. Doch GERMANICUS war schon mit den Schiffen im Anmarsch. Die II. und die XIV. LEGION hatten das Vergnügen, am Ufer entlang marschieren zu dürfen (Bewegung hält fit!).
Diese beiden Legionen waren durch eine Sturmflut arg gebeutelt (viele Tote, Verlust von Gepäck).
"GERMANICUS versuchte die erlittene Schlappe mit freundlicher und herablassender Gleichgültigkeit zu überspielen." Cool! (W. Böcking, S.69.)
Quelle: W. BÖCKING: "RÖMER AM NIEDERRHEIN", S. 66-72.
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The SIR


Mittwoch, 6. März 2013

XANTEN (5): DIE RÖMISCHE WACHT AM RHEIN: COLONIA ULPIA TRAIANA

Ab 120 n. lag die LEGIO XXX in XANTEN. Man fand sehr viele Ziegel, die aus den Ziegeleien des Heeres stammen sowie von einer Produktionsstätte jenseits des Rheins, die TRANSRHENANA genannt wurde (Standort laut W. Böcking noch nicht lokalisiert! Vermutung: Nähe Emmerich. Auch heute noch gibt es da viele Ziegeleien und Tonvorkommen.).
Man fand auch eine bretterverschalte Kalkgrube. Der Kalk wäre noch heute (man stelle sich vor: nach knapp 2000 Jahren !) verwendbar, wenn man ihn mit Wasser anrührt.
Es war also genug Material vorhanden, um eine Stadt zu bauen.
Der Stadtplan war einheitlich ("Schema F"). Die Limesstraße führte als CARDO MAXIMUS (Hauptstraße) durch die Stadt. Man versuchte sozusagen das Schema einer Mittelmeerstadt an den kalten Rhein zu verpflanzen. Die Einheimischen werden nicht schlecht gestaunt haben. Aber man gewöhnt sich ja an alles (mit der Zeit)! Es gab gleich mehrere Gründe, warum man so vorging:
1.) Städtebau war wichtig für die Ausbreitung des Imperium Romanum.
2.) Die Römer wollten es schön gemütlich (so wie daheim) haben. Nach dem Motto: Home, sweet home (!) bzw. My home is my castle!
3.) Man wollte seinen Leuten was bieten. Unzufriedene Siedler "schmeißen den Bettel hin" und reisen wieder ab oder, was noch schlimmer ist: sie proben den Aufstand. So läßt sich keine Provinz managen. Die Römer dachten langfristig! Man wollte ja ein Weilchen bleiben, im "schönen" Germanien. Also mußten Annehmlichkeiten her: Amphitheater, Bäder, Kneipen, Bordelle, Märkte, Sportmöglichkeiten, Bibliotheken (etwas weniger wichtig!), medizinische Versorgung etc. pp.
4.) Die Einheimischen sollten davon überzeugt werden, daß die römische Kultur besser ist als ihre eigene. Es sollte ihnen vor Augen geführt werden, daß die römischen Errungenschaften auch ihnen viele Vorteile bringen würden. Ob sie's kapiert haben, weiß ich nicht. Wahrscheinlich wird man sich mit den Römern arrangiert haben. Schließlich gab es bei denen ja auch was zu holen. Man konnte Geschäfte machen, Handel treiben, Leute übers Ohr hauen. Es gab da ganz tolle Sachen zu kaufen (Luxusgegenstände aller Art, z.B. Gläser, Spiegel, Schmuck, elegante Kleider etc.)
"So erhoben sich am NIEDERRHEIN zwischen dem ersten und dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert die drei großen Städte COLONIA CLAUDIA ARA AGRIPINIENSIS / KÖLN, die COLONIA ULPIA TRAIANA/ XANTEN, und am nordwestlichen Zipfel unserer heutigen Grenze die ULPIA NOVIOMAGUS / NIJMEGEN-HOLLAND. Alle diese Städte sind keine Neugründungen, vielmehr waren ihnen Siedlungen kleineren Stils vorausgegangen, wie die Literatur und die Ausgrabungen beweisen."
W. BÖCKING: DIE RÖMER AM NIEDERRHEIN UND IN NORDDEUTSCHLAND, Frankf. u. Ludwigsburg 1974 (Societas-Verlag), S. 33.
(Werden nicht viel getaugt haben, diese Vorgängersiedlungen!)
Wie man weiß, bestatteten die Römer ihre Toten außerhalb der Städte entlang der Straßen. Die Gräberstraße der CUT war die Limesstraße südlich der Stadt. Das heutige XANTEN steht auf einem antiken Gräberfeld! Es gab einen Bereich für die Toten des Militärlagers VETERA und einen für Normalsterbliche (Zivilisten).
"Vom frühen Dorf der CUGERNER bis zum spätrömischen MÄRTYRERGRAB, von den Militärlagern im Süden bis zur zivilen römischen Stadt im Norden, wo immer man den Spaten ansetzt, hat der Xantener Boden die Spuren und Zeugnisse vergangenen Lebens für die Menschen unserer Tage bewahrt. Die archäologischen Funde erschließen uns Jahrhunderte einer großen Vergangenheit. Sie geben uns Kunde von dem pulsierenden Leben, das einst den Xantener Raum erfüllte, von einem Zentrum römischer Machtentfaltung, das weit ins germanische Gebiet jenseits des Rheins hineinwirkte.
Folgen wir in einer Exkursion den Niederschriften einstiger antiker Geschichtsschreiber und begleiten wir die Archäologen mit dem Spaten in dieses Reich der Vergangenheit, um herauszufinden, wie es einstens war. (...)"
W. BÖCKING, S. 33.
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Euer SIR
(Firma Education and Drill)



Dienstag, 5. März 2013

OVID: ARS AMATORIA I, 11-24:

Ovid ist der Lehrmeister in Sachen Liebe. Er bezwingt sogar den Amor!

Phillyrides (Der Sohn der Phyllira=der Zentaur Chiron, der Lehrmeister des Achill) puerum (den jungen; als Knaben) cithara (in der Zither, im Saitenspiel) perfecit (vervollkommnete; bildete aus, Goldmann) Achillem (den A.)
atque animos (und seine Sinnesart, Charakter; Plural!) placida contudit arte ("brach" er mit sanfter Kunst; dämpfte er, Goldmann) feros (den wilden, ungezügelten; scil. Sinn).
qui totiens socios (derjenige, der sooft die Bundesgenossen), totiens exterruit hostes (sooft die Feinde erschreckt hat),
creditur ("er wird geglaubt"=soll!) annosum pertimuisse senem (den bejahrten Greis gefürchtet haben);
quas (die) Hector (H.) sensurus erat (im Begriff war zu spüren), poscente magistro (wenn es der Lehrer verlangte; wörtl.: "durch den fordernden Lehrer", bezogen auf "iussas"; wie es der Lehrer verlangte)
verberibus (den Hieben; Schlägen) iussas (als "befohlene"; wie befohlen) praebuit (hielt er hin, reichte er dar) ille (jener) manus (die Hände; darauf bezogen "quas" und "iussas").
Aeacidae Chiron ((Wie) dem "Äakiden"=Aeacussohn=hier: Achill der Chiron), ego sum (bin ich) praeceptor Amoris (der Lehrer der Liebe);
saevus uterque puer (wild (ist) jeder von beiden Knaben; sind beide Knaben), natus uterque dea (jeder von beiden geboren von einer Göttin; beide geboren durch eine Göttin).
Sed tamen (Doch) et tauri cervix (auch der Nacken des Stieres) oneratur (wird beladen, beschwert) aratro (durch den Pflug),
frenaque (das Zaumzeug, die Zügel) magnanimi (des edlen, stolzen, "hochherzigen"; magnus+animus) dente (durch das Gebiß, die Zähne) teruntur (wird/ werden zerrieben) equi (des Pferdes; bezogen auf  "magnanimi"; Hyperbaton!):
et mihi cedet Amor (auch mir wird Amor weichen, er wird sich mir fügen, nachgeben), quamvis mea (obwohl er meine; wenn er auch noch so sehr) vulneret (verwundet) arcu (mit seinem Bogen)
pectora (Brust; Plural (!), mein Inneres), iactatas excutiatque faces (und obwohl er die geschleuderten Fackeln schwingt; die Fackeln, die er herabgeschleudert hat);
quo (dadurch; je mehr) me fixit Amor (mich Amor durchbohrt hat, getroffen hat; erg. mit seinem Pfeil), quo (je) me violentius ussit (heftiger er mich verbrannt hat),
hoc (desto; "um dieses"; ablativus mensurae (des Maßes) auf die Frage "um wieviel?") melior (ein besserer) facti vulneris (der "gemachten", geschlagenen, zugefügten Wunde) ultor ero (Rächer werde ich sein; Hyperbaton!).
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Lustige Szene: Achill als "Spankee" des Chiron. Waren "schräg drauf", die alten Griechen! Hektor auch ein "Spankee"! Unglaublich!
Da kann man was lernen. Vielleicht sollte ich meine Methoden daran orientieren...
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AEACUS: Sohn des Juppiter und der Nymphe Ägina, König von Ägina, nach seinem Tode Richter in der Unterwelt; dazu das Patronymikon Aeacides, ae m:
1.) Des Äakus Söhne Peleus, Phokus, Telamon
2.) des Peleus Sohn Achilles und dessen Sohn Pyrrhus
3.) Perseus von Mazedonien
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Der Rächer (ultor, s.o.)